Lehrer = lasch + erschöpft + zu gut bezahlt
Donnerstag, 30. April, 18.30 h; an der Theke von Wirt Viktor treffen – wie jede Woche – einmal auch die beiden Lehrer ein. „So, ihr Beiden! Morgen schon wieder kein Unterricht…!?“ – Ja, denn am 1. Mai ist für alle der „Tag der Arbeit“ als Mai-Feiertag.
Doch kein Grund zum privaten Stress; die beiden ‚Lehrers‘ kennen ihre Pappenheimer, wenn über Pädagogen, ihre Ferien und ihre Besoldung diskutiert wird. Das Ganze gleicht zwar Gesprächen über Frauen und Fußball, denn auch die Alemannen und ihre Freunde mit Hochdeutsch haben zum „Herrn Lehrer“ längst eine feste Meinung und klare Standpunkte.
Was leider fehlt, sind Fakten aus Alltag, Wissenschaft und Studien, denn die wiederkehrende Debatte zu den Ferien an Ostern, Pfingsten, im Sommer und im Herbst werden meist ohne Sachlichkeit in Aussage und Bewertung den pauschalen Vorurteilen geopfert.
Vorurteil 1: Einst schwache Schüler werden später Lehrer.
Wer Leistung will, meidet die Pädagogik.
Das nun stimmt nur zum Teil, und zwar bei Grund-, Haupt- und Realschullehrern, die nach einer 10 Jahre alten Studie im Abi schlechter waren als andere Akademiker. Allein Gymnasiallehrer seien im Abitur genauso gut gewesen wie Vertreter anderer Studiengänge. Gemessen und bewertet wurden Schulnoten, Tests zu kognitiven Kompetenzen und Fähigkeiten in Mathe und Englisch.
Ergebnis: Die Abi-Note von späteren Lehrern in Primar- und Sekundarstufe und der gymnasialen Kollegen weicht nur um eine halbe Zensur ab.
Unklar blieb und bleibt, wie sich die kognitiven Fähigkeiten auf die Arbeit der Lehrer auswirken. Bedeutend ist auch, wie Studium, Referendariat und vor allem Art und Qualität der Lehrerausbildung auf die spätere der Kompetenz der Pädagogen auswirkt.
Vorurteil 2: Wenig Arbeit und viel frei !
Gymnasial-Lehrer B., (60), mit vollem Deputat bei zwei Stunden Altersermäßigung, erfüllt seine 23 Unterrichtseinheiten auf einer Stundenstrecke von 36 pro Woche und das von montags der 1. bis freitags die 6.; drei mal hat er mittags Unterricht und der Mittwochnachmittag ist als Kooperationsmittag zwar unterrichtsfrei, aber auch der Fachschaft oder der Gesamtlehrer-Konferenzen vorbehalten. Und B.? Der zählt sich wie ein Drittel aller zu den „Engagierten“.
Gedanken zum Ausstieg aus dem Studium gab es für den Volkswirt keine, während angeblich beim Studium „auf Lehramt“ Leistungsstarke wegen Unterforderung aussteigen; ein Viertel das Lehramt nur „aus Verlegenheit“ wählen und der Beruf eine Notlösung sei.
Mit dabei solche mit hedonistischen und pragmatischen Motiven: leichtes Studium und später genug Zeit, um dem Hobby zu frönen bei ansonsten sicherem Job. Und trotzdem spürbar: pädagogischer Ethos und Kompetenz.
Denn Lehrer lieben den Umgang mit Kindern und Jugendlichen, zeigen mehr gesellschaftliches und soziales Interesse als andere Akademiker.
Und die langen Ferien? Die werden ausgeglichen durch die mindestens 45-Wochenstunden…auch wenn manche Befragte den Job eher leicht nehmen.
Vorurteil 3: Zu früh im Burn-out.
Gefahr erkannt – Gefahr gebannt! – Nicht bei 29 Prozent der Lehrer, bei denen ein „Risikomuster“ der Erschöpfung gegeben ist. Schon beim Studium gelten viele Lehramtskandidaten als zu schwach motiviert und überfordert.
„Ausgebrannt, ohne je gebrannt zu haben?“ Nein! Denn es ist nicht signifikant fest zu stellen, dass sich im Lehramt psychisch Labile tummeln. Folglich auch psycho-sozial keine andere Studenten als in anderen Disziplinen.
Wohl auch deswegen geht der Anteil der Lehrer zurück, die vorzeitig in Pension drängen. Sind es auch noch 23 Prozent über dem Durchschnitt im öffentlichen Dienst (17 Prozent), sind Pädagogen zwar schon ernsthaft erkrankt, aber das liegt eben steigender Arbeitsbelastung bei Stress mit „schwieriger Klientel“ in Städten mit sozialen Brennpunkten.
Also, Stammtischbrüder: Über Lehrer kein pauschales Urteil mehr und keine Unterstellung von wegen geringe Kompetenzen und zu geringe Motivation.
Allein gute Arbeitshaltung bei den meisten Pädagogen ist Antrieb für guten Unterricht, den Erziehungsauftrag und die Leitbilder für solide Sozialisation.
romaeus meint
…erst neulich musste ich wieder die Faust in der Tasche ballen.
Ein notorischer Dreckschwätzer am Stammtisch hatte sich zur Attacke wieder mal die Lehrer ausgeguckt….und hatte auch mich gemeint.
Irgenwann erwisch‘ ich ihn…nachts..und dann..
…dann geh‘ ich vorbei und sag…gar nix!!!