Konnten Sie die Szene beobachten? Haben Sie das mit bekommen? Nein! Sie hörten nur, dass es laut war!? – Nun gut und fast o.k.! Die Kassiererin sitzt nun mal nicht so, dass wir beide in ihrem Blickfeld gewesen wären. Ich hob meinen Geldbeutel auf und sammelte die paar Münzen ein, da mir auch der Geldbeutel aus der Hand gefallen war. Ich war irgendwie konsterniert. Der Bursche hatte mir doch glatt eine geschmiert.
Eine Ohrfeige, eine Backpfeife hatte ich gefangen, und dabei war ich mindestens drei mal so alt wie der Kerl und mit knapp 100 Kilo bei eins 96 war ich ihm doch wohl auch körperlich deutlich überlegen. Eigentlich wäre ich jetzt an der Backwaren-Theke schon dran gewesen. Doch neben mir wurde ganz beflissen und ohne weiteren Kommentar eine junge Frau bedient. Die Szene, der Disput, die Auseinandersetzung dauerte keine 30 Sekunden. Klar doch, das war nicht mal eine Minute. Ich muss den Kerl tatsächlich und ganz schnell provoziert haben, als er ganz dicht mit dem Rücken zur Bachwaren-Theke stand und an seinem Handy fingerte. Breit und stur und ungeschickt im Weg; einen leeren Plastikbecher noch zwischen den Fingern. So mein erster dürftiger Eindruck. Als ich fast auf Tuchfühlung an ihm dran stand, von ihm kein Anzeichen von wegen wer, was, wo.
Er erweckte er den Anschein – wohl irgendwie herausgefordert, weil gestört – als ob er mich jetzt erst bemerken würde. Viel eher hatte er wohl doch seinen Kumpel im Blickwinkel, der die beiden Flaschen mit Alkohol und ein paar Becher aufnahm, die dieser gerade eben bezahlt hatte. Meine Bestellung hatte ich noch nicht nennen können, weil die Verkäuferin noch fünf, sechs Schritte entfernt in dem kleinen Nebenraum vor den Backöfen stand und mich noch gar nicht wahr genommen hatte. Mein Blick lag auf den Beiden, als sie die paar Schritte zum Ausgang nehmen wollten messerscharf ihr Blick auf mich. Haben Sie ein Problem? Ob mit ihm oder überhaupt, war wohl unerheblich.
Eigentlich nicht, aber jetzt schon! Mit Leuten, die so unaufmerksam im Weg stehen und sich benehmen wie du. Du hätte ich vielleicht nicht sagen sollen, hatte er mich doch gesiezt. Was jetzt, haben Sie ein Problem? Mit mir oder was…? Ich mit mir hatte keines, ich wollte eigentlich kurz nach 18 Uhr nur zwei Brezeln für den Wurstsalat, der frisch angerichtet zu hause auf mich wartete. Aber jetzt hatte ich eins. Der Bursche blickte recht forsch und eigentlich schon aggressiv bis bedrohlich, als er verzögert rückwärts schritt, seinen Kumpel neben sich.
Mein Blick auf die Beiden muss wirklich provokant gewesen sein. Er kam zurück. Und wie. Er kam mir ganz nah, warf den Kopf mit der Baseball-Cap in den Nacken und war meinem Gesicht so nahe, wie ich es von einem männlichen Gegenüber noch nie verspürte. Falls du ein Problem hast, pass‘ auf…und schon hatte er ausgeholt und mir mit rechts eine ins Gesicht gebatscht. Bei sowas denkt man gleich an sich als Brillenträger… Schrecksekunde heißt das, als mir der Geldbeutel aus der Hand fiel und nur ich gemeint war. Pass auf, dass ich dich nicht töte!
Ich hatte mich nicht verhört. Ich machte zwei, drei Schritte auf ihn zu, was in Bruchteilen von Sekunden ausreichte, mich zu entscheiden, dass ich ihm doch keine auf die Fresse gebe. Nein! Ja! Was nun? Nein! Und gut so! Das hätte die paar Kunden an den beiden Kassen und gleich hinter mir an der Backwaren-Theke sicher in große Verlegenheit gebracht. Weshalb sollte ich mir eine blutige Nase holen, meine Gesundheit und meine Brille aufs Spiel setzen? Und die beiden waren auch noch zu zweit! So zogen die beiden Spezies von dannen.
Haben Sie die Szene beobachtet? Nein, ich war gerade beschäftigt, habe die Dame bedient. Einige fragende Blicke von hinten waren zu spüren, aber sprechen drüber oder irgendwas bemerken wollte keiner und keine. Ich nahm meine Brezeln, noch immer mehr als verdutzt. Ich dachte mir, dass die Beiden wohl nur zu jenen jungen Leuten gehören können, die an der nahe gelegenen Bildungseinrichtung als Interne wegen des Blockunterrichts auch schon mal übers Wochenende bleiben und eben zu jenen gehören, die nahezu täglich mit Alkoholikas aus dem Laden marschieren und bei nahezu jedem Wetter zum nur knapp entfernten Naherholungsgebiet mitten in der Stadt ziehen. Dort, wo der Rosengarten öfters mal nach Frust, Zerstörung und im Ergebnis nach allgemeinem Besäufnis aussieht…
Hätte ich doch sollen die Polizei anrufen…Mann, Mann…!?!Vorwurf, Anzeige, Gegenüberstellung, Protokoll, Name und Anschrift…wer weiß, wozu die Kerle noch fähig sind, wenn man ihnen zu nahe kommt. Und ganz sicher gibt ’s von der Sorte noch einige…
Schreibe einen Kommentar