o d e r Wohngemeinschaften für Jung und Alt!?
„Abwarten und Tee trinken“, ist nur eine schwache Devise, wenn für Angehörige mit 85 Lebensjahren in deren beginnender Demenz ein Heimplatz gefunden ist. Da kommt einiges an Aufgaben zusammen, wenn es darum geht, über den MDK die Pflegstufen I, II oder gar III zu erlangen, den Krankenhausaufenthalt in dessen Wirkung zu mindern oder aber sich zum wiederholten Mal um verloren gegangene Lesebrillen oder den Zahnarztbesuch zu kümmern.
Da liest man denn auch die FOCUS-Titelgeschichte zur „Demenz“ (August 2009) mit ganz anderem Sinn und hirnt, was wohl die Alternative wäre: Demenz-Wohn-Gruppe oder Betreuung im Alten- und Pflegeheim?
Es dürfte demnach auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, wenn drei Millionen Euro für innovative Wohngemeinschaften im Programm „Wohnen für (Mehr)Generationen“ des Bundesministeriums für Familie und Senioren ausgegeben werden sollen. Vor allem, in welchem Zeitraum?
Auch wenn bundesweit 30 Sieger des Programms „Wohnen für (Mehr)Generationen – Gemeinschaft stärken, Quartier beleben“ ermittelt wurden, die über Wohngemeinschaften zum Ziel haben, neue Formen der Gemeinschaft zu entdecken, Lebensfreude zu stärken und Eigeninitiative zu zeigen, werden ab 1. September die Mittel des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der KfW Förderbank mit 100.000 Euro je Projekt nur einen Teil der eher zahllosen Betroffenen erreichen.
Kommt sicher: der demografische Wandel
Als unausweichlich gilt der demografische Wandel, begleitet vom anhaltenden Wunsch der meisten älteren Menschen, so lange wie möglich im gewohnten Lebensumfeld bleiben zu wollen.
Da sind kluge und praktische Ideen zu erproben, wie geeignete Wohnformen für ältere Menschen aussehen können.
Für jetzt ausgewählte Projekte mag sich zeigen, dass es praktikable und wohl auch günstige Alternativen zu Pflegeheimen geben kann. Doch welche Gruppen innerhalb der Gesamtbevölkerung ist bereit und bewusst genug, in Wohngemeinschaften als Jung mit Alt zu leben, sich wohl zu fühlen und sich füreinander zu engagieren.
Wer mag davon sprechen und es auch so empfinden, dass „alle profitieren“? Da stimmt zwar, dass ältere Menschen über ein hohes Maß an Lebenswissen und einen wertvollen Erfahrungsschatz verfügen. Ob man dieses Maß an Sozialisationserfahrung aber geschenkt erhalten möchte, ob Zeit und Rat erwünscht sind, muss für viele Individuen offen bleiben.
Blüte der jungen Familienjahre
Wer lernt dem jungen Menschen, der jungen Familie, dass es Generations-Aufgabe ist oder besser sein müsste, älteren Menschen im Alltag behilflich zu sein?
Wer schätzt in der Blüte seiner frühen Familienjahre die gegenseitige Unterstützung und wer mag die direkte Nähe, die Familien und Generationen zusammen hält?
Als Idealbild gilt bis auf Weiteres, dass ausgewählte Wohngemeinschaften vorbildliche Lösungen für die inner und äußere Barrierefreiheit der Gebäude bieten. Mit ihrer Lage und Angeboten können sie durchaus teilnehmen am Gemeindeleben mit gemeinsamen Freizeitaktivitäten, Tagen der offenen Türen und Patenschaften für pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderung.
Wenn jedoch nur wenige auserwählte Wohngemeinschaften bis zu 15 Personen Platz bieten, mag dies bei vielen Gemeinsamkeiten die Projekte durch individuelle
Besonderheiten auszeichnen, doch ein Großteil derer, für die es sinnvoll und wünschenswert wäre, lebt nun mal nicht eben grad dort, wo leer stehende Klassenzimmer zum Wohnzimmer umgebaut werden.
So muss wohl die Soziologie noch einiges leisten, bis die Teilnehmer an den Wohngemeinschaften zwischen zwei und 75 Jahren sich bundesweit der Unterstützung unabhängiger Sachverständiger aus Verbraucherschutz, Seniorenorganisationen, Wissenschaft und Wohnungsverbänden sicher sein können.
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