Demokratie beginne im Kleinen, so nicht nur die Lehrer für Gemeinschafts- oder Sozialkunde, und in diesem Sinne steht schon Anfang nächsten Jahres ein wichtiges Ereignis an, nämlich die Betriebsratswahl. 2010 bedeutet damit für jeden Kandidaten oder den schließlich Gewählten „die“ Herausforderungen.
Zwischen März und Mai liegt das Zeitfenster für die regelmäßigen Betriebsratswahlen, wofür wohl jetzt schon die Vorbereitungen zu treffen sind. Doch leichter gesagt als getan und umgesetzt, denn dazu gehört nicht nur, einen Wahlvorstand zu finden und diesen zu bestellen, zu planen ist auch ein Wahlvorstands-Seminar, damit die Beteiligten die Grundlagen des Prozederes zu lernen oder aufzufrischen, um die demokratische Wahl im Betrieb nach Gesetz abzuhalten.
Fürs gemeinsame Ziel: Kandidaten
Klare Frage weit vor den Wahlen: wer sind die möglichen Kandidaten? Lässt sich dazu über die bisherigen Räte deren ‚Bestand‘ bestimmen und die zugehörige Altersstruktur, ist schon einiges gewonnen.
Wer also kandidiert erneut für 2010? Wer will altershalber nicht mehr antreten, wer hat welche Karriere vor sich und wer lässt sich so einfach „finden“? Denn Nachhaltigkeit ist auch für dieses Gremium eine wichtige Sache.
Wo aber sind die engagierten Kandidaten für diese Aufgabe zu finden? Als Zielgruppe gelten ganz sicher die gewerkschaftlichen Vertrauensleute in den Betrieben; jene Personen, die sich in ihrer Freizeit bereits ohne Mandat den Belangen der Kollegen widmen. Eine solche Arbeitsplatz-relevante Haltung
ist eine wichtige Voraussetzung für ein künftiges Betriebsratsmitglied. Als „Anwalt der Beschäftigten“ ist nämlich dann noch mehr zu opfern, weil es oft auch um bessere Arbeitsbedingungen im Betrieb geht, und weil dazu das soziale Engagement erforderlich ist.
Vergleichbares gilt für die Vertretung der Jugendlichen und der Auszubildenden sowie für Schwerbehinderte. Lassen sich auch Frauen und junge Beschäftigte zu Kandidaten küren, sind es genau die Beschäftigungsgruppen, die immer noch zu gering in den Betriebsratsgremien vertreten sind.
Der sog. „Arbeitskampf“ zwischen den Sozialpartnern und eventuelle Maßnahmen im Tarifstreit binden die abhängig arbeitenden Kräfte im Betrieb, was jene überzeugen kann, die bereit sind, für den sozialen Ausgleich und für die Interessen der Beschäftigten einzutreten.
Bin ich ein potenzieller Kandidat?
Wer sich diese Frage stellt, der muss klare Voraussetzungen erfüllen: 18 Jahre alt und mindestens 6 Monate im Betrieb! Nur dann kann man überhaupt kandidieren.
Als weitere Frage gilt: Lässt sich die Betriebsratsarbeit mit der täglichen Arbeitsbelastung vereinbaren? Bin ich in der Lage, komplizierte rechtliche Vorschriften zu verstehen und anzuwenden?
Davor muss man nun keine Furcht haben. Betriebsräte werden nicht geboren,
weshalb der Gesetzgeber zum Grundlagenwissen einen persönlichen vierwöchigen Schulungsanspruch für Betriebsratsmitglieder in deren erster Wahlperiode in § 37 Absätze 6 und 7 BetrVG festgeschrieben hat
Außerdem stehen erfahrene Betriebsratskollegen sowie die Mitarbeiter der Gewerkschaften mit Rat zur Seite.
Auch dem erhöhten Arbeitsaufwand wird entsprochen: in § 37, 1, 2 BetrVG ist geregelt, dass das ehrenamtliche Betriebsratsamt während der Arbeitszeit ausgeübt wird. Für die vom Betriebsrat aufgewandte Zeit muss der Arbeitgeber für personellen Ausgleich sorgen.
Was kommen wird, ist der Blick fürs Ganze und über den betrieblichen Tellerrand hinaus – dann darf das Herz links schlagen! Als Sozialpartner eben!
Mustermann meint
…da wird sich in den weiteren Zeiten der anhaltenden Krise so mancher überlegen, den neuen Betriebsrat geben zu wollen.
Die Patriarchen kommen nämlich bislang ganz gut ohne die Arbeitnehmervertretung aus.
Und wer die Wahlen zum BR initiiert, der wird sich wundern, wie man ihm von Seiten der Geschäftsleitung oder Inhaber begegenet…
Peter meint
@Mustermann:
Zum einen: Den Betriebsrat „gibt“ man nicht, wie eine Rolle im Theater, sondern es ist ein Ehrenamt, das vollen persönlichen Einsatz erfordert, keine Rolle die man spielt!
Was mit „Patriarchen“ gemeint ist, ist mir fremd. Klar ist, dass es in familiengeführten Unternehmen ungleich schwerer ist, einen Betriebsrat zu installieren, da der Seniorchef so etwas oft als persönlichen Angriff auf seine Person sieht. Klar ist aber auch, dass sich das deutsche System der Mitbestimmung seit vielen Jahrzehnten zum Wohle unzähliger Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber, das darf man nicht übersehen, bewährt hat!
Wer die Wahlen zum Betriebsrat einleitet, hat, wenn er nicht gerade im Einzelhandel beschäftigt ist, normalerweise keine großen Hürden zu überwinden. Im Metall- und Chemiesektor gibt es seit Jahrzehnten ein sehr gut eingespieltes Miteinander von Arbeitgebern und Mitarbeitervertretungen.
Und bitte: Was genau ist gemeint mit diesem latent Angst erzeugenden Satz „wer die Wahlen zum BR initiiert, der wird sich wundern, wie man ihm von Seiten der Geschäftsleitung oder Inhaber begegenet“? Ist das eine versteckte Drohung wie etwa „Lass es lieber bleiben, sonst bist Du Deinen Job los?“ Angst machen hilft Gott sei Dank nicht immer!
Klar ist auch: Kein Arbeitgeber wird restlos begeistert sein, wenn er erfährt, dass in seinem Betrieb ein Betriebsrat gewählt werden soll. Aber wer ein bißchen weiter denkt, dem wird sehr schnell klar werden, dass er mit dem Modell „Betriebsrat als Co-Manager“ und einem konstruktiven Dialog sehr viel mehr erreichen wird als ohne Mitarbeitervertetung. Dann hat er nämlich im Zweifel Beschäftigte, die nicht mit ihm „im Boot“ sitzen. Die kann er dann gerne „patriarchalisch“ führen, mit dem Ergebnis von „Dienst nach Vorschrift“. Der Betriebsrat dagegen ist Garant dafür, dass unter Umstänen auch mal nicht so positive Maßnahmen dazu führen, dass die Belegschaft hinter einem steht.
Peter
Mustermann meint
…erst jüngst hatte ich ein Gespräch mit dem AR-Vorsitzenden einer noch jungen AG im Bereich der Straßen- und Stadtbeleuchtung – und möblierung, deren Ursprünge auf die Eltern des heutigen Senior-Chefs zurück gehen.
Sinngemäß meinte der, was soll ein BR für Vorteile bringen? Der störe doch nur, halte auf, bremse und es gehe doch nur ums Geld….
Na, dann!
Mal sehen, wenn sich in wenigen Jahren die AG um Zugang zur Börse bemüht.