Was bietet die Hirnforschung ? – Wider die Smartphone-Mania von Pause zu Pause
Was der Bauer nicht kenne, das fresse er nicht! – Doch diesem Volksmund hat der Chinese mit seinem Restaurant längst widersprochen. Jetzt heißt es, Pädagogen nützten zu wenig die Erkenntnisse der „Neurodidaktik“, die da einen Transfer neurobiologischer Erkenntnisse für den Unterricht verheiße.
Doch löst dies für den Junglehrer und für den gereiften Pauker das Problem, wie man an die Klientel rankomme? Gilt doch für Lehrer der ewige Traum, ins Hirn der Schülern zu blicken und ihre Denke zu erkennen. Wie würde der Unterricht leicht, wenn die Hirnforschung solche Hoffnungen macht. Sie Gedanken sichtbar macht und einem erklärt, wie man wirklich lernt…?
Doch die modische „Neuro-Didaktik“ ist eher eine Wissenschaft des Versprechens, die, wenn man sie denn analysiert, schon mal der berühmten Seifenblase gleicht.
Denn egal, was in solch einem Hirn drin ist, es ist einzigartig, woran die Neuro-Didaktik dann eher scheitert. Die genetische Herkunft, die Sozialisation und die tagtägliche Umwelt machen jedes Gehirn zum kognitiven Fingerabdruck.
Ob Talent für Sprache oder Mathematik mit Musik, für Bewegung und Motorik – Studien für Neurobiologie können individuell keine und nur allgemeine, statistische Aussagen zum Gehirn machen.
Erklärbar ist nur, wie „Lernen im Prinzip funktioniert“, nicht aber, warum ein Individuum zum Zahlen-Depp oder Sprachen-Wunder wird.
Doch was die Wissenschaft erkenntnisreich propagiert, wissen Lehrer über allgemeine neurophysiologischen Gesetze des Lernens meist nicht, was eben dann dem Unterricht fehlt.
Das sei so, weiß die Lernforscherin, wie wenn man einen Flugzeugabsturz damit zu erklären versuche, die Schwerkraft habe Schuld. Das nun stimmt, doch was weiß die „black box“ zu Geschehen zuvor…?
Hirne durchleuchten!
Nun könnte man fordern: Jedes Schülerhirn durchleuchten! Doch kann man eben diesem Organ beim Denken nicht zuschauen wie an andere Stelle der Verdauung. Allein eine „Korrelationen zwischen Denkvorgängen und neuronalen Aktivitäten“ lässt sich herstellen.
Dies jedoch aufzulösen,geschieht wohl nur so grob, dass es „der Sicht auf die Erde durch einen Beobachter im Weltraum“ gleicht, wie der Neurobiologe bemerkt. Da leuchtet manches heller, was geschieht, ist jedoch nicht erkennbar…
Wohl deshalb kam man in einer Expertise des Bundesforschungsministeriums schon 2005 zu dem Schluss: „Die häufig geäußerte Vorstellung, wonach die Hirnforschung die theoretischen Kontroversen in der Pädagogik klären könnte, trifft nicht zu.“ Auch nicht, wenn „vielfältigen Ergebnisse“ der Forschung als relevant für Zunft des Schulunterrichts gelten.
Oft aber seien neuro-didaktische Konzepte gar keine Hirnforschung, weil sich hierfür auch Entwicklungspsychologie tradierte Pädagogik „paaren“ würden.
Dass „Lernen mit Lust verknüpft“ sei und man sich an „emotional gefärbte Erlebnisse“ besser erinnere als an neutrale, hielt Johann Amos Comenius schon vor 300 Jahren in der Didactica Magna fest: „Alles, was beim Lernen Freude macht, unterstützt das Gedächtnis.“
Was dann neu und auch dem gebildeten Individuum fremd ist, ist die wissenschaftliche Formulierung über Hirnbilder und den „präfrontalen Kortex“…. Doch sind wohl neuro-didaktische Befunde aus Tier-Experimenten zu „Entwicklungsfenstern“ beim Lernen nur bedingt auf den Menschen übertragbar.
Reizarmut contra Mozart
Als falsch gilt auch ein Umkehrschluss vom Nagetier auf das Kleinkind: bei extremer Reizarmut verkümmere das Gehirn, weshalb man Kindern möglichst früh möglichst viele geistige Reize bieten müsse. Da überflutet eine passionierte Mütter ihre 3-jährige Emma-Jeannine schon mal mit Englisch, Mozart und malerischem Gestalten.
Vorerst bleiben also der Hirnforschung die pathologischen Fälle: Lese-Rechtschreib-Schwäche (Dyslexie) oder Rechenschwäche (Dyskalkulie). Hier weicht der Proband neuronale ab, doch klärt die Arbeit mit ihm nicht auch die Frage, was und wie das Lernen in der Schule fördert.
Unterricht mit oder vor der Klasse findet nun mal nicht im Labor statt, sondern im KLassenzimmer mit vielerlei Interaktion zwischen Schülern und Lehrern, was für das Lernen wichtig ist.
Da ist dann erlaubt, dass ein Gymnasial-Lehrer nach 40 Dienstjahren an einer berufsbildenden Schule ab der Mittelstufe zu der einfachen Erkenntnis gelangte: Man muss eben aufpassen, mitmachen, fragen, sich wenig ablenken oder ablenken lassen…und das Smartphon in der Tasche lassen.
Wer – wie auch Richard David Precht als talkender Parade-Philosoph – Aussagen zum Lernen und zur zur Schule macht, der sollte auch wissen und kennen, wie es in den jüngsten Jahren im Schulbetrieb zugeht. Da hilft oft nur die Hausordnung und weniger die Hirnforschung…
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