Lohnt es sich, nach dem Doktortitel zu streben…?
Nun, zugegeben, ein niedergelassener Zahnarzt oder ein Gynäkologe ohne Doktortitel hat noch vor 15 und mehr Jahren die potenziellen Patienten und Patientinnen eher stutzig gemacht. Bis sich der Mediziner als guter Arzt dann doch bewiesen hat. Eine „fehlende Promotion“ lag oft am Alter des Studenten, wenn er nur mal erst fertig war, an der fehlenden Zeit, am Familienstand noch während des Studiums oder auch daran, dass er die Abgabefrist dazu versäumt hat.
Wenn es heute heißt, „die Promotion ist eine Investition an Lebenszeit und Nerven“, dann gilt auch die Frage ob sich ein Doktortitel auszahlt. Die Doktoranden-Forscherin Anna Fräßdorf, Berlin, selbst vor zwei Jahren zur Doktorin geworden, stellt zur Frage ‚Promotion und künftigem Einkommen‘ fest, dass Studien zeigen, man verdiene im Durchschnitt mehr verdient, wenn man promoviert sein.
Auf Sprach- und Kulturwissenschaftler trifft das wohl weniger zu, auch wenn promovierte Kräfte im Schnitt rund 600 Euro pro Monat mehr verdienen als Akademiker ohne Doktortitel, wobei sich die bisherigen Kosten des Studiums dann nur vielleicht wieder reinholen lassen.
„Plagiiert“ man dazu mal die Kommentare von Studikern, dann liest sich das so…:
Vom amerikanischen Bildungssystem halten was man will, aber im Punkt Promotion gefällt mir dort eine Sache wesentlich besser: Wer dort promoviert, geht mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit in die Forschung. In Deutschland ist der Doc vor allem etwas, was sich auf der Visitenkarte gut macht.
Leider argumentiere Frau Fräßdorf schwach. Sie biete enttäuschend wenig Informationsgewinn. Schade, dass leicht einfältige Fragen vorhersehbare Antworten auslösen.
Na schön, dann rechnen wir doch mal! Der Dipl.- Dings (MINT) steigt mit ca. 5000 Euro brutto in der süddeutschen Industrie ein, der Doktorand verbringt die Zeit mit großzügigen 1500 Euro. Macht 3 500 Euro Differenz vor Steuern. Pro Jahr sind das 42 000, auf drei Jahre 126 000 Euro.
Dabei ist zu betonen, dass in dieser Schätzung der Doktorand überdurchschnittlich viel verdient, schnell in 3 Jahren abschließt, dass ihm seine Rentenbeiträge fehlen bei besonders dynamischer Gehaltssteigerung in den ersten Jahren. Es fehlt also der Zeitwert des Geldes und der Risikoaufschlag für das Scheitern. Ebenso fehlt die Steuerprogression, die die 600 Euro Vorteil des Promovierten später überdurchschnittlich belasten.
Wer den Idealfall für den Doktoranden rechnet, der kommt zu folgendem Ergebnis: Den Rückstand will Dr.- Dings nun mit 600 Euro monatlichem Vorteil aufholen, oder 7.200 Euro pro Jahr. Die 126 000 hat er ohne Zinsen nach 210 Monaten, oder 17,5 Jahren drin. Bei einer Promotion Anfang oder Mitte dreißig ist er also schon in den Fünfzigern, bevor er den Dipl.- Dings einholt.
Ehrlicher ist es, die 126. 000 Euro zu verzinsen. Selbst mit historisch außergewöhnlich niedrigen Zinsen von ca. 3 Prozent; macht bei 600 Euro für ein Annuitäten-Darlehen eine Laufzeit von etwa 25 Jahren. Unser sehr glücklicher Dr.- Dings ist also dann knappe 60 Jahre alt. Im Idealfall gilt also: beim langjährigen Zinsmittel von 6 Prozent holt der Dr.- Dings niemals jemanden anders ein.
Promovieren ist toll für das Ego. Aber nicht für die Familiengründung und nicht für den Geldbeutel.
Doch „Ego“ klingt so schlecht… Vielleicht lieber die Suche nach einem erfüllten Leben.
Es mag ein anderer Lebensentwurf sein, aber die Entbehrungen im finanziellen und auch familiären Bereich werden mit anderen Dingen manchmal aufgewogen. Geld mit etwas zu verdienen, was einen zutiefst ausfüllt, ist unbezahlbar.
Und falls man sowieso der Meinung ist, in diese Welt würde es sich nicht lohnen, Kinder zu setzen, kann die familiäre Planung gerne aufstecken. Wie gesagt, es gelten oft andere Vorstellungen von einem erfüllten Leben.
Richtig ist aber auch, dass „sich lohnen“ für jeden was anderes bedeutet.
Aufs „Ego“ kommt man, weil Doktor Fräßdorf drauf hinweist, sie sei stolz darauf, etwas geschafft zu haben, was ihr niemand mehr weg nimmt. Ein Satz, der nicht jeden so glücklich macht.
Promotion ist natürlich zwingend, wenn man in die universitäre Forschung will. Ich denke jedoch, dass man sich des Risikos für die Familienplanung, sofern denn ein Kinderwunsch besteht, und das materielle Einkommen bewusst sein sollte.
Was Lebensglück bedeutet muss und darf ein jeder für sich entscheiden.
Wenn man vom durchschnittlichen Verdienstgewinn durch eine Promotion ausgeht, sollte man diesen fairerweise auch mit dem durchschnittlichen Einstiegsgehalt über alle Studienabschlüsse (nicht nur MINT) vergleichen.
Anders gesagt, in den MINT-Fächern oder eventuell auch Wirtschaftswíssenschaften sind es vielleicht nicht 600 Euro, sondern 800 oder 1000 mehr. Da lohnt es sich vielleicht schon wieder.
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