Aktuell und im Moment (Dezember 2013) sind die Schlagzeilen in den Medien zwar etwas abgeklungen, doch gibt es noch genügend Artikel, TV-Reportagen und Ratgeber, die sich des Themas angenommen haben. So kann es nicht überraschen, wenn diese „Diagnose“ gar zu einem Trend-Wort für gestresste Personengruppen werden konnte. Das aber betrifft nicht nur die Lehrer-Klientel, für die in besonderer Reha-Weise neue „Burnout-Kliniken“ für eine privatversicherte Belegung eingerichtet und beworben wurden.
Noch wird nämlich Arbeits- und Gesundheitsschutz im Lehr- und Lernbetrieb eher nebensächlich betrachtet, was Unternehmen ganz anders vormachen. Betriebsintern werden Maßnahmen gestaltet, um die Gesundheit zu fördern und den Stress zu reduzieren, denn Stress und Burnout verhindern Produktivität und Effizienz.
Derweil steht nicht nur in der Apotheken-Rundschau, dass der Einzelne und die Öffentlichkeit aufmerksamer sein sollen, wenn es um psychische Erkrankungen geht, auch wenn es dem medizinischen Laien nicht gelingt, das „echte“ vom vermeintlichen „Burnout“ zu unterscheiden. Und ein Stigma für Betroffene ist es schon gar nicht…
Weil es in den maßgeblichen internationalen Klassifikationssystemen eine Diagnose Burnout nicht gibt, ist auch der Begriff nicht klar definiert. Grund dafür, dass es für die Vielfalt psychischer Störungen, die alle unter Burnout zusammengefasst werden, auch keine ‚guten‘ Studien gibt, wie wirksam therapiert werden kann.
Wer als dauerhaft gestresstes Individuum wegen „Burnout“ eine längere Auszeit nehmen muss, der leidet an einer depressiven Erkrankung, weil alle für die Diagnose nötigen Krankheitszeichen gegeben sind. Dazu gehört auch das Gefühl tiefer Erschöpftheit.
Verwendet man ‚Burnout‘ als Surrogat-Begriff zur Depression, um nicht auch durch den Begriff den Erkrankten zu belasten, ist dies zwar vertretbar, doch wird verkannt, dass Burnout doch eher eine Selbstüberforderung oder Überforderung von außen suggeriert.
Tatsache ist jedoch, dass nur bei einer Minderheit der depressiv Erkrankten eine tatsächliche Überforderung der Auslöser ist, auch wenn stets Erschöpftheit die Depression begleitet.
So muss für eine depressive Phase noch nicht einmal ein bedeutsamer Auslöser gegeben sein.
Dagegen sind die Merkmale klar: in einer depressiven Episode ist man zu erschöpft, um der Arbeit nachzugehen, will sich nicht mal selbst versorgen.
Nach bedingter ‚Genesung‘ wird die berufliche Tätigkeit, die jüngst noch überforderte, wieder als befriedigend und sinnvoll betrachtet.
Die Erkenntnis daraus: Würde einzig eine berufliche Überforderung Burnout oder gar Depression auslösen – was für gehobene Management und auch für den Spitzensport infrage käme – wären die Erkrankungen hier häufiger. Doch gibt es Symptome eben auch bei Rentnern, Studenten oder Nicht-Berufstätigen.
Immer wieder ist mit Burnout die ‚bewältigende Therapie‘ verbunden: alles langsamer, länger schlafen und sich Freizeit gönnen. Bei depressiver Erkrankung sind solche Maßnahmen oft jedoch kontra-produktiv. Denn depressive Menschen reagieren auf längeren Schlaf oft mit noch mehr Erschöpftheit und noch schlechterer Stimmung.
Die Überraschung für den Laien: Schlafentzug ist dagegen eine etablierte antidepressive Behandlung bei stationärer Behandlung. Für die Betroffenen überraschend.
Doch diese entwickeln den Wunsch, endlich tief zu schlafen und am Morgen erholt aufzuwachen.
Ein positives Zeichen, da allein hierdurch die als unveränderlich erlebte depressive Verstimmung durchbrochen werden kann.
Sehr viele depressive Erkrankte merken auch, dass mit Dauer des Wachseins, d.h. gegen Abend, die Erschöpftheit nicht zu- sondern eher abnimmt und sich auch die Stimmung besser als morgens ist.
Ein Urlaub ist nicht anzuraten, „da die Depression mitreist und der eigene Zustand mit Antriebsstörung und der Unfähigkeit, irgendeine Freude zu empfinden, im Urlaub in fremder Umgebung besonders bedrückend und schmerzlich erlebt wird. Als besser gilt, das Arbeitspensum während der depressiven Episode deutlich zu reduzieren, den Betroffenen aber zu ermöglichen, zur Arbeit zu kommen, sodass dieser durch den strukturierten Arbeitsrhythmus und Einbindung in Arbeitsabläufe Halt und Tagesstruktur erfährt.“
Fazit: werden Stress, Burnout und Depression vermischt, besteht die Gefahr Symptome zu verharmlosen. Denn Stress und Überforderung sind Teil des Alltags im modernen Wirtschaftsleben.
Medizinisch muss dies nicht behandelt werden.
Depression kann jedoch lebensbedrohlich werden. Wird Depression verharmlost, verstärkt sich auch das Unverständnis gegenüber depressiv Erkrankten; man assoziierte Stigma. Was also Depression ist, muss auch Depression genannt werden.
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