Ferien-Urlaub-Freizeit!? – Lehrer können mit sowas eigentlich besten umgehen. Wie aber, wenn der Arbeitnehmer aus dem Middle-Management sich grad mal den ersten Advents-Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt gegönnt hat und er erst wenige Stunden seines Kurzurlaubs „im Familien-Idyll“ praktiziert?
Denn schon klingelt sein Handy und die neue Kollegin will noch kurz die Quartals-Zahlen für die nächste Sitzung klären. Und auch der E-Mail-Eingang markiert weitere „berufliche“ Herausforderungen
Da endet dann einiges Telefon-Stress und die Restfamilie ist schon vor dem Fest in klarem Positionen-Streit. Genervte Arbeitnehmer fragen dann nach dem Sinn und Zweck der Freistellung: Ist das dann doch Erholung!
Glaubt man den Statistikern des Hightech-Verbandes BITKOM, dann sind 66 von 100 deutschen Angestellten auch außerhalb der eigentlichen Arbeitszeiten für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte per Internet oder Handy erreichbar. Zweiundzwanzig von diesen 66 sind dann auch noch jederzeit erreichbar, also auch am Abend oder am Wochenende.
Weitere 22 von 100 ist zu angesprochenen Zeiten per Internet oder Telefon für den Arbeitgeber zu erreichen. Machen es nun jene 33 von jeweils 100 Berufstätigen richtig, die in ihrer Freizeit nur in Ausnahmefällen oder gar nicht per Internet oder Handy erreichbar sind?
Mann anders Frau
Geschlechtlich betrachtet, geht es bei Männern und Frauen um andere Zahlen: Sind 73 von 100 der berufstätigen Männer außerhalb der normalen Arbeitszeiten per Handy oder E-Mail erreichbar, lassen sich nur 59 von 100 Frauen auf eine solche Empfangsbereitschaft ein.
Und weil eine Befragung und die zugehörige Studie nicht ausreichen, macht auch Symantec im Auftrag Emnid deutlich: 52 von jeweils 100 Befragten machen im Urlaub alle E-Mails auf, auch die geschäftlichen. Siebzehn von denen haben dazu ihr privates Laptop oder das Internet-Handy am Mann oder an der Frau. Und auch das Gerät des Arbeitgebers ist oft mit im Urlaub unterwegs.
Da wundert nicht, dass 63 Prozent der Angestellten mit ‚mittlerer Management-Funktion‘ den Arbeitsstress nicht ausblenden können; bei den Frauen sind es dagegen nur 39 Prozent.
Nimmt man dann auch noch die Monatseinkommen aufs Korn, stellt man fest: auch bei Arbeitnehmern mit „nur“ 2000 bis 2500 Euro pro Monat greifen am häufigsten zum Laptop oder Smartphone, um selbst am Strand geschäftlich informiert zu bleiben.
Und die Urlaubs-Gesetzgebung … ?
Mit dem Begriff „Urlaub“ als gesetzlicher Erholungsurlaub sollte dem Arbeitnehmer ermöglicht werden, dass er sich und seine Arbeitskraft vitalisiert.
Das Erholungsbedürfnis wird dabei für jeden Arbeitnehmer vermutet. § 8 BUrlG verbietet jede Erwerbstätigkeit während des Urlaubs, wenn diese dem Urlaubszweck zuwiderläuft. Erlaubt sind gemeinnützige Arbeiten, Hausbau, Gartenpflege und genehmigte Nebentätigkeiten.
Auch Arbeiten im Betrieb des Ehepartners sind zulässig (LAG Köln, September 2009 – 2 Sa 674/09). Den Kollegen während der Freizeit Auskunft zu geben, ist ebenfalls keine Erwerbstätigkeit in der Intention des Gesetzes.
So sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber an den Zeitraum eines ordentlich gewährten Urlaubs gebunden. Eine einseitige Änderung in Form eines Widerrufes oder der Rücknahme eines einmal gewährten Urlaubs ist dann grundsätzlich nicht mehr möglich (BAG, Urteil vom 14.3.2006 – 9 AZR 11/05)
Wird jedoch ein Arbeitnehmer verpflichtet, den Urlaub im Falle des Rückrufs durch den Arbeitgeber abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen, verstößt gegen zwingendes Urlaubsrecht (§ 13 BUrlG) und ist daher rechtsunwirksam (BAG, Juni 2000 – 9 AZR 404/99 und 9 AZR 405/99).
Damit wäre nämlich die selbst bestimmte Nutzung der gewährten Freizeit nicht gewährleistet, wenn man trotz Freistellung ständig mit dem „Rückruf an den Arbeitsort“ rechnen muss. Und so hat der Arbeitgeber auch kein Recht, die Urlaubsanschrift mitgeteilt zu bekommen.
Na, dann…!!??
Egal also, wie digitalisiert und technisch die Arbeitswelt wurde, der Erholungsurlaub heißt so, weil er der Erholung dient.
Um runter zu kommen und den gestauten Stress abbauen zu können, ist es also empfehlenswert und zulässig, das Handy zu ignorieren, das Telefon abzuschalten und sich von Internetzugängen fern zu halten.
Und dennoch gilt für die Wichtigen:
Wer das Arbeiten gar nicht lassen kann, weil er für die Firma unentbehrlich ist, sollte es tun und den Chef höflich darauf hinweisen, dass er den Urlaub unterbricht und dafür anderweitigen Ersatz erwartet.
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