„Die Jugend“ der 60-er Jahre hatte sich deutlich von den Verhaltensweisen ihrer Eltern entfernt; Rock’n’Roll und Beat, die Leitbilder auf den Leinwänden Hollywoods und die ökonomischen Erfolge des Wirtschaftswunders haben die Jugend mindestens so geprägt wie die Diktatur und der Krieg das Leben der Eltern.
Wird in der Rückschau nach den Ursachen der Revolte gesucht, kann diese in dem aufkeimendem Gefühl gesehen werden, dass es nicht gesellschaftlich mehr weiter ging, es keinen Fortschritt mehr gab, die „herrschende Klasse“ an den Unis und in der Politik sich zu wenig an den Bedürfnisse der Jugend orientierten.
Vom Protest zum Widerstand
Linke Literatur, SDS, Ostermarsch und sanfte (?) Drogen vermischten sich zu einem kollektiven Bewusstsein, und wer sich diesem hingab, ließ sich dazu lange Haar wachen. Nicht nur auf Wandzeitungen markierte man die Position zu Vietnam, zu Laissez-Faire, zum außerparlamentarischen Aufstand, vor allem an den Universitäten.
Protest gegen den Schah-Besuch und der gewaltsame Tod von Benno Ohnesorg, Germanistikstudent, 26 Jahre alt, verheiratet und werdender Vater, der auf einer Demonstration gewaltsam zu Tode kam, machten Schlagzeilen mit Langzeitwirkung.
Auf hetzende Presseschlagzeilen dann am 11. April auf dem Berliner Ku’damm das Attentat auf Rudi Dutschke, den Studentenführer. Als im November 1968 dem APO-Anwalt Horst Mahler der Lizenzentzug drohte, waren Proteste nicht mehr nur spontan, es kam zur geplanten Straßenschlacht zwischen 400 Polizisten und 1000 Studenten und Rockern.
Der „Faschismus“-Vorwurf verhärtete die Fronten gegen den Staatsapparat und ermunterte zur Radikalisierung der Rebellen.
Ernüchtert in den Aufbruch
Weil sich nur ein Teil der alternativen Bewegung der 70-er mit der traditionellen Linken solidarisierte, hielten viele akademisch ausgebildete junge Menschen Distanz zum energisch vorgetragenen „Links-Sein“.
Altbauten in belebten Stadtquartieren wurden rendite-orientiert zu moderne Verwaltungsstandorten und breite Straßen führten zu den Einkaufstempeln. In Uni-Städten kommt es bei starken Jahrgängen der Studierenden zur Wohnungsnot trotz leer stehenden Wohnungen.
Engagierte Frauengruppen propagierten auch mit toleranten Männer-Kreisen die Lösung der Probleme aus Erziehung, Partnerschaft und Sexualität. Im Juni 1971 erklärten 374 Frauen in einer spektakulären Aktion im Stern: „Wir haben abgetrieben.“
Der Kurs der Politik wechselt 1974, als Willy Brandt wegen des Spions Guillaume zurück treten muss und Helmut Schmidt, der Ordnungspolitiker und Wirtschaftspragmatiker, Kanzler wird.
Ab 1975 erwacht eine neue Protestbewegung, die die Grenzen des traditionellen linken Milieus sprengt. Mobilisiert wird ein ökologischer Protest, der zur „Bewegung“ wurde. Gleichzeitig wird der Gang in die „Disco“ zum Massenkult; neben der Musik schreitet die sexuelle Lockerheit in privaten Partykellern voran.
„Die Jugendphase ist für Jugendliche zu einem steinigen Weg in eine unbekannte und unsichere Zukunft geworden.“ (Shell Deutschland 2002, S. 63)
Eine Generation steigt aus
Die Teilnahme an der aktuellen Jugendkultur soll die eigene Jugendzeit festhalten. Der Realität will man ausweichen; in den 80ern ist einer von fünf Arbeitslosen im jugendlichen Alter.
Hausbesetzer werden gewaltsamer, zur „grünen Müsli-Fraktion“ gesellt sich eine autonome „Molli-Fraktion“, die im „Häuserkampf mit Guerilla-Taktik“ gegen das „Schweine-System“ antritt.
Die autonome Bewegung wird sozial heterogener und jünger und lehnt die Mehrheitsgesellschaft radikal ab. Im Vergleich zu den „68er“-Reformern versagen sich die „81er“ der Reformierbarkeit des Systems.
Doch gab es auch die „positive Jugend“, die sich nahe der konservativen Politik selbstbewusst aufbaute, leistungsbereit war und auch auch Vaterlandsliebe betonte. Ihr Credo: gerechte Chancen statt gleiche Chancen, neue Werte statt kritischer Diskussion.
Parallel dazu formierten sich ab 1982 in den Arbeiter- und Migranten-Vierteln westdeutscher Städte so genannte „Streetgangs“. Ihr erstes Leitbild: der Film „Warrior“ und die neue US-amerikanischen Ghetto-Hipp-Hopper.
Die 1990er
Hohe Arbeitslosigkeit in den 80er-Jahre lähmte die Gesellschaft. Wer hatte Schuld: die Politik oder die Wirtschaft. Gegenseitig forderte man sich zum handeln auf. Die Jugend blieb pessimistisch.
Mit dem Fall der Mauer 1989 kam es zu Aufbruch und Jubel, doch nur kurz. Schon 14-Jährige erklärten, das sie nicht daran glauben, eine erstrebenswerte Zukunft zu haben. Liegt das Land in Agonie…?.
Mit der Wiedervereinigung „blühen die Landschaften“ zumindest im Osten auf. Ein neuer Aufbruch schiebt alles an: „Schluss mit frustig“, publiziert die Shell-Jugendstudie ’92 und markiert den Zeitgeist.
Doch auch der Jubel kam zu früh, weil die „Ossis“ der früheren DDR bald merkten, dass neben der bisherigen Regierung das ganze System gestürzt war. Da gab s zwar neue Chancen, doch der bisherige Alltag gehorchte anderen Bedingungen. Man musste lernen, dass die BRD auch wirtschaftliche Risiken und modernes Management bedeutet. Auch Massenarbeitslosigkeit war neu.
„Schockieren ist schick“ (Cosmopolitan, September 1977)
Von der Sub- zur Massenkultur und zurück
Bei weltweit den meisten jugendliche Szenen in Deutschland war jedoch keine originär deutsch entstanden. Im Original waren es die USA oder Großbritannien, von wo die Medien al erstes berichteten. Doch nicht über deren Regeln und Sinn von Jugendkulturen oder den Zeitbezug und die Zusammenhänge sondern eher nur über plakative Elemente.
Der kommerzielle Musikmarkt explodierte, MTV und Viva verbreiteten in kurzer den Mainstream und machten Mode kompatibel.
Zum neuen Ziel wurde die Rückeroberung von Lebensräumen, die Bedeutung des Autos und die des öffentlichem Raums als Reservat des Konsums.
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