Jura sei leicht! Hätte ich das nur mal 1967 schon gewusst, als man hunderte Abiturienten nach zwei Kurzschuljahren in der Oberstufe ins Studium entlassen hat. Was aber studieren oder doch erst zur Bundeswehr? – Natürlich war es dann vielfach die BWL und die VWL und dann Lehramt – Lehramt für Grund-und Hauptschule oder am beruflichen Gymnasium.
*) Grafik (c) by Nils Knoblich
Warum nun manche Anwälte gut und andere in vielen Schriftsätzen, die sie fertigen, und auch vor Gericht eher nur befriedigend bis schwach sind, erklärt Bundesrichter Thomas Fischer recht deutlich:
* Wer bis zum zwölften Semester in der hintersten Reihe sitze und kein Wort sage,wer sich schäme, in der Öffentlichkeit zu reden, nicht mit Sprache umgehen könne oder nicht wisse, wie man den Konjunktiv verwendet, für den sei das Jura-Studium tragisch. Wer so simpel aus der Uni komme, der könne Einzelfälle bearbeiten, merke aber bald, dass er sich als Richter oder Rechtsanwalt vor Menschen fürchtet. Das sei vergleichbar mit manchen Ärzten, die glücklich wären, wenn es nur die Patienten nicht gäbe…
Wer also geglaubt hatte und es noch immer glaubt, im Jurastudium müsse man viel auswendig lernen, der liegt falsch: Blödsinn, sagt Bundesrichter Thomas Fischer. Denn was an den Unis alles falsch läuft, erklärt er in einem ZEIT-Campus-Interview mit Leonie Seifert:
ZEIT Campus: Herr Fischer, macht einen das Jurastudium fit für jeden juristischen Beruf?
Thomas Fischer: Nein, natürlich nicht.
ZEIT Campus: Was fehlt den Absolventen?
Fischer: Meistens die Softskills, also die sozialpsychologischen Fähigkeiten. Die werden fast nicht gelehrt: Verhandlungskompetenz erwirbt man im Studium nicht, den meisten mangelt es auch an kommunikativer Sorgfalt.
ZEIT Campus: Warum wäre das wichtig?
Fischer: Jura ist eine Wissenschaft, die sich fast ausschließlich mit Sprache beschäftigt. Sie müssen im Beruf Reden halten, Positionen verteidigen, Konfliktsituationen lösen und vor allem Empathie für fremde Personen haben.
ZEIT Campus: Kann man das an der Uni lernen?
Fischer: Im angloamerikanischen Raum fordern Professoren die Studenten ständig auf, ihre Meinung zu sagen und sich mit Gegenpositionen auseinanderzusetzen. Sie sind von Anfang an in einem System, das sie in die Lage versetzt, juristische Berufe auszuüben.
ZEIT Campus: Und in Deutschland ist das anders?
Fischer: Ja. Hier können sie bis zum zwölften Semester in der hintersten Reihe sitzen und kein Wort sagen. Wer sich schämt, in der Öffentlichkeit zu reden, nicht mit Sprache umgehen kann oder nicht weiß, wie man den Konjunktiv verwendet, für den ist das tragisch. Der kommt aus der Uni, kann Einzelfälle bearbeiten, aber merkt bald, dass er sich als Richter oder Rechtsanwalt vor Menschen fürchtet. So geht es auch manchen Ärzten, die glücklich wären, wenn es nur die Patienten nicht gäbe. […]
Mehr im ZEIT Campus Magazin 6/14
oder unter
http://www.zeit.de/campus/2014/06/thomas-fischer-jurastudium-vorurteile-auswendig-lernen
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