Der Slogan „Lidl lohnt sich“ gehört wie ein Dutzend andere zu den aktuell bekannten im TV-Werbegeschehen. Jetzt kämpft ein Bäckermeister gegen den Discounter. Der Oberlausitzer Stefan Richter startete in den sozialen Medien unter #lidllohntnicht eine Aktion gegen die Werbesports der Kette, bei dem er jetzt vom Zentralverband des Bäckerhandwerks unterstützt wird.
Stefan Richter, Dorfbäcker in Kubschütz, postete er auf facebook eine „vor Ironie triefende“ Initiativbewerbung (Marketing-Magazin w&v), mit der er sich bei Lidl als Mitarbeiter bewirbt. Richter sieht sich rausgefordert wegen der von Lidl proklamierten neuen Richtlinien zu „Gutes Brot“, auch wenn er seine Schritte nicht ganz ernst meint.
http://www.wuv.de/marketing/lidllohntnicht_wie_sich_ein_baeckermeister_mit_lidl_anlegt
Betr.: Initiativbewerbung als Mitarbeiter in der Brotproduktion
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit bewerbe ich mich vorausschauend aus ungekündigter Stellung um einen Arbeitsplatz in Ihrer Brotproduktion. Derzeit bin ich selbständiger Bäckermeister und betreibe eine kleine, handwerkliche und damit rückschrittliche Dorfbäckerei in der Oberlausitz. Ab dem Zeitpunkt, an dem Ihre Werbekampagne „Was ist ein gutes Lebensmittel?“ mehr als 50 % unserer jetzigen Kundschaft überzeugt hat, stehe ich Ihrem Unternehmen zur Verfügung. Ich bin mir bewusst, dass meine fachliche Qualifikation nur eine untergeordnete Rolle spielen wird, und nehme daher Lohneinbußen in Kauf.
Aufmerksam geworden bin ich auf Ihr Unternehmen durch Kundenäußerungen, dass „gutes Brot“ nun einmal nichts mit handwerklicher Expertise, […] zu tun habe. Sondern einzig und allein an der Sortimentsbreite, an Labortests und am „guten“ Preis zu erkennen sei. […]Ich bin froh, dass Sie durch Zentralisierung und Kostenoptimierung Möglichkeiten schaffen, mehr im Sinne der Kunden zu arbeiten. Gern nehme ich auch den Weg in einen ihrer Produktions-Standorte außerhalb Deutschlands (Österreich, Belgien, Frankreich oder auch die Niederlande) in Kauf. So mobil wie ein tiefgefrorener Teigling bin ich ebenfalls. Und wenn eines Tages die Reise nach China geht – warum nicht?
Das Backen, der Geruch von frisch gebackenem Brot und der direkte Kontakt mit dem Produkt meiner Arbeit werden mir fehlen. Andererseits kann ich mich ja auf Laborproben und Rechtsabteilung verlassen und privat dann sicher auch etwas anderes essen, als das, was ich bei Ihnen produziert habe.
Da arbeitet es sich sorgloser und sorgenfreier, gerade wenn man sich angewöhnt, beim Umgang mit speziellen Zutaten Handschuhe und Mundschutz zu tragen. Ich freue mich bereits jetzt auf die spannende Tätigkeit in Ihrem Unternehmen und auf eine Einladung zum Bewerbungsgespräch ab dem vorgenannten Zeitpunkt.Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Richter, Bäckermeister
Inzwischen findet die Aktion des ‚David gegen Goliath‘ immer mehr Zuspruch und stündlich wird es mehr. Auch das Marketing-Magazin w&v hat die ironische Bewerbung mittlerweile aufgegriffen und meldet die Nachricht unter der Headline „Wie sich ein Bäckermeister mit Lidl anlegt „.
Die Non-Profit-Organisation Slow Food Deutschland kritisierte zuerst die Werbeoffensive von Lidl und forderte den Discounter auf, die Werbeaktion einzustellen, denn „Die neue Kampagne von Lidl ist eine Diskriminierung guter, ehrlicher und sauberer Handwerksbetriebe, die tatsächlich Qualität liefern. Sie streut den Kunden Sand in die Augen. Und sie vernebelt den Qualitätsbegriff“.
Man hält Lidl die eigenen Werbeaussagen vor: „Woran erkennt man eigentlich gutes Fleisch und gutes Brot? Vielleicht einfach daran, dass es nicht von Lidl kommt?“
Der Vizepräsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks erklärte, dass sich die aktuellen Werbespots von Lidl „in einem wettbewerblichen Grenzbereich“ bewegen. Er kündigte an, dass man die Clips daraufhin überprüfen werde, ob man rechtlich dagegen vorgehen könne.
Die Ironie dabei: Lidl möchte sich mit der aktuellen Kampagne eigentlich vom Billig-Image verabschieden und laut Branchenblatt w&v eher wie „Edeka und Rewe auftreten“.
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