„Man darf über alles reden, nur nicht über 10 Minuten…!“ – Ob dieser rhetorische Grundsatz nun im Ursprung doch eher von Kurt Tucholsky stammt oder weit später mal auch von Dieter Hildebrand propagiert wurd, ist eher „wurscht“, denn lange zuhören und dabei womöglich noch stehen zu müssen, strengt an und langweilt bald…
Wer also ein Grußwort spricht, wer einen Vortrag hält, wer ein Referat oder in Reim und Vers einen Jubilar ehrt, der achte drauf: Der erste Satz zählt mehr als jeder andere.
Denn schon in den Sekunden bilden sich die Zuhörer unwillkürlich ein Urteil über den, der die Stimme erhoben hat, der ans Pult ging…. Oft machen es die Kabarettisten vor oder auch engagierte Redner und Autoren, denn das „gelungene Entree gilt als die halbe Miete“.
Was fürchterlich geklungen hätte – „Ich möchte heute über die erweiterte Produktpalette sowie deren Potenzial als Innovationstreiber für die Weiterentwicklung der Telekommunikationsbranche sprechen.“ – hieß besser so: „Heute erfindet Apple das Telefon neu!“
Für René Borbonus *), einen der exponierten und gefragten Experten für professionelle Kommunikation ist eindeutig: Gleicher Inhalt, gleiche Aussage, effektvoll, emotional – die Rede gilt wohl bis heute als legendär.
Denn geniale erste Sätze sind überraschend – gleich zu Beginn: „Ich habe die Zukunft gesehen, und sie wird nicht funktionieren.“, so stellte der Bestseller-Autor Paul Krugman 2009 in einem Beitrag über eine Chinareise
Um die Ecke denken, bildhafte Assoziationen, Pointen und Wortwitz sind Strategien, damit Zuhörer und Gäste bis zum Schluss aufmerksam und interessiert bleiben.
Stellt sich die Frage: Wie lautet ein genialer erster Satz?
Ein guter erster Satz ist so kurz wie möglich, so lang wie nötig, anschaulich und simpel. Er enthält konkrete Begriffe, also nicht ‚Wein‘, sondern Trollinger oder Muskateller. Warum? – Weil das konkretere Wort gleich den richtigen Hör-Nerv trifft.
Zu vermeiden sind auch Substantivierungen, den auch für UMLEITUNG und ERGÄNZUNG gibt es Verben.
Was sich beim Roman noch auszeichnet, lautet für die Rede: Adjektiv-Diät – weniger ist hier mehr. Und Finger weg von Banalitäten, sprachlichen Marotten (= sozusagen), Binsenweisheiten und Floskeln: Wir sind heute zusammengekommen, um… Ich freue mich, das Sie so zahlreich erschienen sind…. Wo doch jeder nur ein Individuum ist und allein kam…
Je nach Bierseligkeit und Weinlaune geht es natürlich auch so…
Liebe Gäste aus dem Geldadel,
aus dem Kreis des gehobenen Konsums und aus dem Sport,
liebe Irrlichter aus dem schrillen Show-Biz und aus der allerhöchsten Gastronomie,
liebe Vertreter der Sport-Wetten und der Back-Technik sowie der Versicherungen,
liebe Konkurs-Verschlepper, verehrte freie Berufe,
willkommen die Handlanger der Politik und der Justiz sowie der kommunalen und regionalen Verwaltung!
Hoch verehrte ehemalige Gasrebellen! Rühmlich Außenstehende!
Verehrte Schwenninger!
* ) René Borbonus ist Trainer, Buchautor und Vortragsredner und zählt zu den gefragtesten Experten für professionelle Kommunikation im deutschsprachigen Raum. Er ist einer der meist gebuchten Redner zu seinen Themen Rhetorik und Kommunikation.
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