Glaubt man den Soziologen, dann bewerten sich Individuen meist schlechter, als sie von ihrem Umfeld gesehen werden. Wie aber muss man sich fühlen, wenn man als Mitarbeiter fast schon mit sehr gut beurteilt wird…?
Dann ist eben Misstrauen angebracht, wenn man mit solch einem Zeugnis den Arbeitgeber wechselt. Ein solch gutes Zeugnis, dass man stutzt, ob der das ernst meint?
Denn längst ist bekannt, dass die Sprache der Personaler in Arbeitszeugnissen als “geheim“ gilt, schräg formalisiert und oft nicht aufrichtig.
Denn der Arbeitnehmer sollte stets zur „vollsten“ Zufriedenheit des Arbeitgebers gewesen sein, auch wenn voller als voll gar nicht geht. Allenfalls für eine Bus in Indien… Doch schon „volle Zufriedenheit“ gilt als Makel
Wird also übertrieben und zu positiv die bisherige Arbeit bewertet, kann dies auc als „versteckt“ gelten du somit zum „schlechten Zeugnis mutieren…
Ein klärendes Gespräch zu eher ironischer Bewertung ist nicht immer hilfreich, weil auch hier gemauert wird. In Grenzfällen kann vielleicht der DGB-Sekertär helfen oder gleich der Anwalt für Arbeitsrecht.
Bei allzu starken Übertreibungen gilt dann ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (Aktenzeichen Az.: 12 Ta 475/16), wo um ein Zeugnis gestritten wurde, das die Richter als verspottend erkannten. Der Arbeitnehmer habe Anspruch auf ein Zeugnis, das ganz sachlich und wohlwollend seine Arbeitsleistungen beschreibt. Alles andere muss draußen bleiben.
Was aber ist nun ein gutes Zeugnis oder eben keins? Denn es wird immer wieder getrickst, weil eben Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind, Zeugnisse wohlwollend zu formulieren. Das erschwert berechtigte Kritik.
Bei dem benannten Fall hatte der Angestellte einen Textvorschlag, wie vom Chef gewünscht. Der nun wertete stets nach oben und machte aus einer „sehr guten Auffassungsgabe“ eine „extrem gute“ und es hieß sogar, „wenn es eine bessere Note als ’sehr gut‘ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen“.
Doch da am Schluss die Standardformel fehlte, wonach man den Weggang des Mitarbeiters bedauere und ihm alles Gute wünsche, war erkennbar dass man sich nicht gütlich trennte.
Darum gilt: Leistungen sind nur dann gut bewertet, wenn sie mindestens zur „vollen Zufriedenheit“, besser noch zur „vollsten“ erbracht wurden. Und zwar „stets“, und nicht als Ausnahme.
Verhaltensweisen sollten „einwandfrei“ oder „vorbildlich“ sein, natürlich auch „stets“. Ob der Mitarbeiter für gute Stimmung sorgte, ist nicht zeugnis-relevant, schon gar nicht, dass dies „Stimmungskanone“ lautet, was sicher nicht zu den beruflichen Aufgaben gehört, denn dies eine bekannte Chiffre für Alkoholprobleme.
Auch Selbstverständliches ist unangemessen: Sie/er war stets pünktlich oder sie/er war bereit, notwendige Überstunden zu leisten, meinen eher Gegenteil.
Und als Schluss die „freundliche Langeweile“: …und wünschen für den weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute.“
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