Es gehört zu den Grundkenntnissen oder viel eher zu den Tatsachen des kaufmännischen Lehrlings, dass er von seiner Ausbildungsvergütung rund 20 Prozent für die vier Bereiche der Sozialversicherung “abdrücken“ muss, respektive diese ihm auf netto abgezogen werden. Dass man allenfalls als Bank-Azubi oder als Dachdecker-Lehrling, jeweils aber erst im dritten Lehrjahr, auf eigenen Beinen stehen könnte, ist solange unerheblich, wie einem das „Hotel Mama“ noch aufnimmt.
Doch auch für manchem „normalen“ Arbeitnehmern ist trotz 40 Stunden-Woche wenig nur „zu ernten“. Liegen doch die niedrigsten Tarifverdienste noch im Dezember 2011 in einigen Branchen unter 6 Euro 50 je Stunde.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gibt es dann auch einige Tarifverträge, nach denen die Verdienst-Untergrenzen bei oder auch unter 8,00 Euro liegen. Das nun gilt dort, wo man auch mit „niedrig qualifizierten Beschäftigten“ auskommt, und das ist der Fall im Gartenbau, in der Landwirtschaft sowie in einigen Handwerks- und Dienstleistungssparten.
Wie nun kommt man sich als Arbeitgeber vor, wenn man, wie in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen einen tarifliche Stundenverdienst von 6 Euro 50 geboten bekommt?
Ist ein solches Arbeits-Entgelt nicht doch schäbig, weil es einer Milchmädchen-Rechnung gleicht, ob man davon leben kann: 40 x 6,50 x 4 Wochen macht 1.040.- brutto; abzüglich der benannten 20 Prozent… und nix wie hin zum „Aufstocken“.
Gleiches gilt im Ernährungsbereich, wo der Tarif für Konditoren in Bayern bei 5,26 Euro und für den Metzger oder Fleischer in Sachsen bei sechs Euro liegt. Und schließlich gibt es noch die niedrige Anfangsvergütungen im Hotel- und Gastgewerbe, die in Brandenburg 6,29 Euro je Stunde, in Thüringen 6,50 Euro und in Nordrhein-Westfalen 6,74 Euro beträgt.
Toll, toll, toll…ihr Arbeitgeber alle. Die ihr doch alle Arbeitnehmer heißen müsstet, weil sich Geben und Nehmen doch schon seit Jahrzehnten ins Gegenteil verschoben haben.
Ob also in der Systemgastronomie oder im Friseurhandwerk – (Schleswig-Holstein: 6,00 Euro), in der Textilreinigung (neue Länder: 6,73 Euro), in der Zeitarbeit (neue Länder: 7,01 Euro) und im Einzelhandel (Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen: 7,23 Euro) – keiner kommt als „Schaffer“ oder „Malocher“ auf ’nen grünen Zweig. Und auch bei der Herstellung von Schuhen (Rheinland-Pfalz, Saarland: 6,35 Euro) oder der Holz- und Kunststoff-verarbeitenden Industrie (Thüringen: 7,54 Euro) gelten niedrige tarifliche Stundenlöhne vereinbart.
Die niedere Kaste
Gelten die untersten Vergütungsgruppen meist auch für gering qualifizierte Beschäftigte, sind aber auch die Fachkräfte nicht viel besser dran: der Bäcker- und Konditoren-Geselle in Mecklenburg-Vorpommern verdient als Berufsanfänger 6,97 Euro und der gelernte Friseur in Schleswig-Holstein kriegt sieben Euro. Weiter geht ’s für die „niedere Kaste“ der ausgebildeten Hotel- und Restaurantfachleuten, den Köchinnen und Köchen…wenn auch schon mal in Nordrhein-Westfalen für 9 Euro 38 Euro.
Wie gut oder eben wie einigermaßen „sozial“ dann die Entgelte für Fachkräfte in der Zeitarbeit: immerhin wurde als Untergrenze ein tariflicher Stundenlohn von 8,71 Euro in den neuen Ländern und 9,97 Euro im früheren Bundesgebiet vereinbart.
Und dann gelten ja in Deutschland in zehn Brachen – darunter vier Baubranchen – allgemeinverbindliche Mindestlöhne: im Westen bei Wäschereien und meist bei den Wach- und Sicherheitsdiensten, wenn auch mit weniger als acht Euro je Stunde.
In den neuen Ländern werden die acht Euro dann aber doch auch in der Gebäudereinigung und in der Pflegebranche unterschritten.
Na, also! Geht doch!
Alles Ergebnisse einer Auswertung von über 600 Flächentarifverträgen. Wie gut ist das die „klassische Putzfrau“ dran, die schon seit Jahren ins Haus kommt und die grad mal schnell 12 Euro die Stunde auf die Hand kriegt. Eine Krankenversicherung braucht sie privat nur für 30 Prozent, weil sie über ihren ehelichen Finanzamtmann mit 70 Prozent in der Beihilfe ihres Bundeslandes mit drin hockt… Na, also. Geht doch!
Karikatur aus
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