Spencer Kevin K. (32), genannt „Rocco“, ist Lagerfacharbeiter und heute am eigentlichen Brückentag vor dem 3. Oktober früher zuhause. Tochter „Schangtal-Tschennifer“ (4) hat nur einen Wunsch: „Papi, liest du mir was vor..?!“ – „ Ja, klar, von welchem Arm denn heute…?“
Jeder fünfte Deutsche ist tätowiert, bald werden es 25 % sein. Was vor 50 und mehr Jahren noch Arme oder Brust von Personen besonderer Spezies „zierte“ und Kennzeichen bestimmter Berufe oder langjähriger unfreier Aufenthalte war, nimmt inzwischen als Lust, den eigenen Körper mit Symbolen, Schrift oder Bildern zu verzieren, vor allem bei Frauen und älteren Menschen zu.
Das jedenfalls vermittelt eine aktuelle Studie der Universität Leipzig. Überraschend dabei, dass auch sozialer Druck eine Rolle spiele.
Auf Anhieb jedoch glaubt man nicht, dass etwa Hälfte aller Frauen zwischen 25 und 34 tätowiert sei; jeweils 19 von 100 mehr als im Jahr 2009; und dies besonders in der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen, bei denen es rund 15 Prozent mehr Körper mit Tattoo gebe.
Befragt wurden im Herbst 2016 bundesweit 2.510 Personen im Alter zwischen 14 und 94 Jahren, worauf die Forscher auch feststellten, dass auch mehr „rasiert“ wird: von Frauen ebenso wie von Männern. Weg mit den Körperhaaren – rasieren, epilieren oder waxen, an Beinen, unter den Achseln und rund ums Genital sei „zur Körpernorm geworden“.
Für den Normalo auffällig, dass auch Piercings meist Frauensache sind: etwa jede dritte Frau zwischen 14 und 34 Jahren ist ge-pierct. Bei den gleichaltrigen Männern ist es jeder Siebte (= 14,4 Prozent). Doch nicht immer passend in der Visage und oft abscheulich anzusehen.
Waren es ganz früher Seeleute und Knackis oder eben später die junge Generation, die glaubte, sich Haut und Erscheinungsbild zu verschönern, so sind Tattoos heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Aber eben in der Mitte und nicht oben, sondern eher auch gegen unten.
Und so glaubt man unter Psychologen an der Uni Leipzig, darin „eine Werteverschiebung“ sehen zu können: „Früher gehörten Tattoos und Piercings in die Schmuddel-Ecke. Seeleute und die Rotlicht-Szene war tätowiert. Heute gelten Menschen mit „Körper-Modifikationen“ als aufgeweckte, interessierte Menschen, die sich zu einer sozialen Gruppe bekennen.“
Ja, sapperlot! Wer als Alt-68-er hätte das gedacht…?
Und so nimmt die Arbeit am Körper und in den Tattoo-Studios laufend zu und der vermeintliche „Schönheitsmarkt“ wächst: „Körper sollen heute möglichst jugendlich aussehen“, erklären Psychologen, wobei für die Begehrlichkeit ein „normativer Druck“ einhergehe.
Tätowiert, rasiert und pierct man sich vermehrt in der eigenen sozialen Gruppe, dann ist es wohl für einige schwer, es denen gleich zu tun.
Nicht zu vergessen: die soziale Herkunft.
Wer nicht nur ein Tattoo trägt, hat öfters einen einfachen Bildungsabschluss, was aber nicht ausschließt, dass der Bänker unterm weißen Hemd genadelt und eingefärbt ist…
Derweil wissen Dermatologen, dass die Haut als das größte Organ bei zu vielen Tattoos nicht mehr richtig atmen kann.
Die Folge…? Abwarten!
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