Es sei der Aufbau der EU, dass Ursula von der Leyen in „logischer Folge“ gewählt worden sei. Das nun erschließt sich dem bewussten Bürger so schnell und zweifelsfrei nicht.
Klar ist, die Entscheidung war nicht demokratisch, weil es viele Individuen in der Union auch nicht sind. Doch wem dies „stinkt“ und wer was ändern will, der müsse wohl die grundsätzliche Machtverteilung ändern, so die Kommentare.
Dass man von der Leyen zur EU-Kommissions-Präsidentin wählte, zeige wohl jedem die tiefe Kluft zwischen demokratischem Anspruch und „der klein-staatlichen Wirklichkeit der EU“.
Kann das als gut empfunden werden? Nein, denn über die Machtverteilung in der EU hätte man reden sollen. So aber zeigt sich, dass ein schwaches Parlament das Prinzip „Spitzenkandidaten“ nicht einhalten konnte.
Ein Faktum, über das sich in den vergangenen Wochen viele Kommentatoren aufgeregt haben. aufregen mussten.
Unterlaufen wurde das Prinzip von den Regierungschefs der Mitgliedsstaaten, was die EU-Verträge ihnen erlaubten. Ändern lässt sich das nur, wenn man an dieser Machtverteilung etwas ändert.
Die EU-Kommission als „EU-Regierung“ darf Gesetze vorschlagen, formt die Forderungen der EU und kann gegen Länder vorgehen, wenn diese die Regeln nicht einhalten. Die Kommission findet zusammen, indem die Regierungschefs den Europäischen Rat bilden und sich auf gemeinsame Kandidaten einigen.
Mindestens 65 Prozent der EU-Bürger mussten die Regierungschefs vertreten, als sie zustimmten.
Danach liegt dem Europäischen Parlament ein Kandidatenpaket vor, aus dem mit einfacher Mehrheit entschieden wird, ob die Besetzung akzeptiert wird.
Doch bei der jüngsten Europawahl haben die Parteien ignoriert, wie die EU eigentlich funktioniert. Man hat Spitzenkandidaten ernannt, was die Verträge der EU eigentlich gar nicht vorsehen.
Hielt man sich 2014 noch an die Absprache mit dem Europäischen Rat, die Spitzenkandidaten vorzuschlagen, galt dies 2019 nicht.
Bevor man also über Posten-Geschacher und Hinterzimmer-Politik in der Union diskutiert, sollten die Wähler darüber befinden, welche EU sie in Zukunft überhaupt haben wollen.
Sollen also die Mitgliedsstaaten weiterhin ihre nationalen Interessen möglichst gut schützen können? Gegen große Entscheidungen immer ein Veto haben?
Dann wird man bei der Union darauf ausgerichtet bleiben, dass genau solche Hinterzimmerdeals bleiben wie der bei der Nominierung von der Leyens.
Die Alternative der Befürworter einer stärkeren europäischen Integration wäre, das Parlament zu stärken.
Aufregen lohnt also nicht mehr. Ursula von der Leyens ist gewählt und ist daran zu messen, in welche Richtung sich die EU weiter entwickeln will.
Ein weiteres Spitzenkandidatenprinzip würde bedeuten, dass das Parlament gestärkt würde.
Das führe dazu, dass einzelne Regierungen weniger Einfluss auf die EU-Institutionen hätten.
Doch dazu braucht es Mehrheiten.
Sind aber den meisten Wählern nicht doch Hinterzimmer-Deals lieber, wenn vermeintliche national-staatlichen Interessen geschützt sind?
Darüber ist zu reden, damit sich daraus eine echte europäische Demokratie entwickelt.
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