Aufsicht auf der Toilette? – Versicherer verklagte Pflegeheim
Immer mehr Bürger im Alter bis 60 haben Angehörige im Pflegeheim und sorgen sich, ob dort alles läuft, wie es laufen muss.
Denn in einem Pflegeheim müssen Bewohner gegebenenfalls auch beim Gang zur Toilette und ebnen in begründeten Ausnahmefällen betreut werden.
Das gilt sicher auch dann, wenn sie an Demenz erkrankt sind. Dem Personal des Heims kann in der Regel jedoch keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden, wenn sich ein Bewohner beim Sturz auf der Toilette verletzt. So ein Urteil des OLG Karlsruhe vom 18. September 2019 (7 U 21/18).
Dem Urteil ging eine Regressforderung eines gesetzlichen Krankenversicherers voraus, der die Kosten wegen der Sturzverletzung einer Versicherten getragen hatte, die mit 83 an Demenz litt.
Sie war beim Aufstehen vom Toilettenbecken gestürzt, worauf sich die Frage ergab, ob das Personal verantwortlich gewesen sei?
Der Versicherer hielt das Personal des Pflegeheims für verantwortlich, weil die Betreuungsperson nicht nur verpflichtet gewesen sei, die Bewohnerin zur Toilette zu begleiten, sie hätte sie dort auch beobachten sollen, um einen eventuellen Sturz zu verhindern.
Die Krankenkasse machte Regress wegen der Kosten geltend, jedoch ohne ohne Erfolg. Das OLG Karlsruher wies die Klage als unbegründet ab.
Begrüpndung: das Personal von Pflegeheimen sei zwar grundsätzlich dazu verpflichtet, Bewohner vor Stürzen zu schützen.
Doch richte sich der Umfang der Sicherung danach, ob im konkreten Einzelfall ein Risiko vorliege. Es sei auch abzuwägen zwischen beaufsichtigen und der Wahrung der Intimsphäre des Bewohgners.
Konkret: „Es ist … auch zu beachten, dass beim Wohnen in einem Heim die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen und die Selbständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohner zu wahren und zu fördern sind“
Ein Maßstab, Pflegeleistungen zu beurteilen, sei nicht, jeden Unfall durch weitreichende Sicherung zu vermeiden, weil ein allumfassender Schutz nicht zu gewährleisten sein. Somit gebe es ein Spannungsfeld zwischen dem Freiheitsrecht einerseits und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit andererseits.
In einem Alten-und Pflegeheim seien auch nicht die gleichen Maßstäbe anzulegen, wie in einem Krankenhaus.
Deshalb sei das Maß, beim Toilettengang zu beaufsichtigen, immer vom konkreten Hilfebedürfnis des Bewohners abhängig. Für eine ständige Aufsicht beim Toilettengang muss folglich ein konkreter Anlass bestehen.
Im gegebenen Fall habe die Pflegekraft darauf geachtet, dass es für die Frau schjwierig war, sich richtig auf die Toilette zu setzen. Für eine Aufsicht während Verrichtung habe es jedoch keinmen Grund gegeben.
Nach der Aussage eines Sachverständigen musste die Pflegekraft auch nicht damit rechnen, dass die Patientin ohne Hilfe aufstehen und dabei stürzen würde.
Die Richter wägten alle Umstände ab und kamen zu dem Ergebnis, dass die demente Bewohnerin nicht durchgehend beaufsichtigt werden musste.
Konkret: „… letztendlich ist bei der Prüfung der Pflichtwidrigkeit der Gefahr entgegenzuwirken, dass die Alten- und Pflegeeinrichtungen aus Haftungsgründen gezwungen wären, den Umgang mit alten und gebrechlichen Menschen aus Sicherheitsgründen äußerst restriktiv zu gestalten, was letztlich auf Kosten eines menschenwürdigen Daseins und Alltagslebens dieser Menschen geschehen müsste“.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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