27. 11. Tag des Streichholzes – John Walker erfand Reibe-Zündhölzer
von Wolfgang Bräun
Für das Zünden von Streichhölzern gibt es trotz elektrischer Lichterketten, -netzen und -vorhängen eine besondere ‚Hoch-Zeit‘, und die beginnt spätestens mit dem 1. Advent. Denn schon Milliarden dieser kleinen und auch großen Hölzchen haben seit ihrer Erfindung und Vermarktung ebenso viele Kerzen, Lagerfeuern, Lampions, Zigarren, Pfeifen und Zigaretten an- und aufbrennen lassen oder schließlich den Altvorderen mittels der Stalllaterne oder dem Kienspan den Abend oder die Arbeit und die Geselligkeit erhellt.
Trotz aller Vielfalt an Feuerzeugen blieb das Streichholz mit seinesgleichen als eines der billigsten Güter auf dem Markt bestehen. Die aktuell hohe Qualität samt ihres heutigen Designs bekam das „Zündholz“ aber erst nach vielen Versuchen und Erfindungen innerhalb der Naturwissenschaften und über vier Jahrhunderte.
Rieben die Menschen der Steinzeit noch Steine oder auch Äste aneinander, um einen Funken zu nutzen oder eine Glut zu bekommen, bedurfte das Zündholz deutlich an wissenschaftlicher Kenntnis.
Alles begann wohl mit dem deutschen Alchemisten Henning Brand, der 1669 zufällig den Phosphor entdeckte.
War er eigentlich auf der Suche nach der Formel für Gold, beobachtete er während seines Versuchs, Urin zu destillieren und einzudampfen, einen weißen Dampf, der sich zu einer grünlich leuchtenden Masse verdichtete.
Brand war erstaunt, dass dieses Masse auch noch zu brennen begann. Er hatte Phosphor entdeckt, auch wenn dieser erst Anfang des 19. Jahrhunderts für die Herstellung von Zündhölzern verwendet wurde.
Zu Brands Zeit um 1680 experimentierte auch der englische Physiker Robert Boyle mit dem „neuen“ Phosphor.
Er überzog ein kleines Stück Papier mit Phosphor und einen Holzspan mit Schwefel, rieb das Hölzchen am Papier und es flammte auf. Ein brauchbares Streichholz war jedoch damit noch nicht erfunden.
Info Mit Schwefel getränkte Kiefernhölzchen gab es bereits um 950 in China, wahrscheinlich aber schon im 6. Jahrhundert. Diese Hölzchen entzündeten sich wohl feurig bei der kleinsten Berührung und gelten als im 13. Jahrhundert auch in Hangzhou als üblich. Im Mittelalter waren zur gleichen Zeit ähnliche Schwefelhölzer auch in Europa verbreitet, die durch Funkenschlag und glimmendem Zunderschwamm entflammt wurden.
Phillumenie von griechisch „philos“, dem Freud, und lateinisch „lumen“, dem Licht, bezeichnet das Sammeln von Streichholz-Schachteln und insbesondere deren Etiketten. Diese Disziplin beschäftigt dandeben auch mit der historischen Erforschung der Herstellung, der Vermarktung und dem Einsatz von Streichhölzern und Streichholz-Verpackungen.
Erst ab 1785 wurde ein ‚Vorläufer der Zündhölzer‘ bekannt, für den man Phosphor in ein kleines Fläschchen füllt und dann ein Hölzchen einsteckte. Wurde das mit Phosphor benetzte Stäbchen herausgezogen, entzündete es sich an Luft.
In 1805 erfand der Franzose Jean-Louis Chancel das „Tunk“-Zündholz, das in die Geschichte einging: Die Hölzchen waren mit einer Mischung aus Gummi arabicum, Kalium-Chlorat, Schwefel und Zucker überzogen. Durch den Kontakt mit Schwefelsäure kam es zur Entzündung.
Knapp 30 Jahre später nutzte der Ludwigsburger Handwerker Jacob Friedrich Kammerer 1832 Chancels Grundlagen, um Zündhölzer herzustellen.
Er tunkte Holzspäne in eine Melange aus gelbem Phosphor, Schwefel, Kaliumchlorat und Gummi arabicum, die sich in getrocknetem Zustand an jeder rauen Oberfläche durch Reiben entzünden ließen.
Kammerers Methode war damit sicherer und ungefährlicher als alle vorherigen und darf als Erfindung gelten, denn erst wenig später kamen solche mit Phosphor hinzu (vom griechischen „phosphóros“ gleich „Licht tragend).
Es blieb jedoch die Gefahr, dass die Streichhölzer sich durch kleinste Reibung entflammten. So hieß es 1844 in der „Zeitschrift für Pyrotechniker“: „Kürzlich entzündete sich ein Paket Zündhölzchen, das aus geringer Höhe von nur drei Schuh auf einen Teppich gefallen war.“
Um 1850 gelang es Rudolf Christian Boettger den weißen Phosphor gegen den eher ungefährlicheren roten Phosphor, auszutauschen. Er fertigte eine Reibfläche mit rotem Phosphor und ein Zündholz-Köpfchen aus Kaliumchlorat. Und weil damit roter Phosphor vom Kaliumchlorat getrennt war, konnte man sie erstmals „Sicherheits-Zündhölzer“ nennen.
In Deutschland durfte nach Reichsgesetz vom 13. Mai 1884 mit weißem Phosphor nur unter sehr strengen Auflagen gefertigt werden, ab 1874 war auch in Dänemark jegliches Phosphor für Zündhölzer verboten war.
Heutige Sicherheitszündhölzer bestehen aus einem Gemisch aus 60 Anteilen Kaliumchlorat, sieben Teilen Schwefel, vier Kaliumchromat und 25 Glasmehl sowie Bindemittel und Farbstoff.
Insgesamt hat das Zündholz eine vielfältige und interessante Vergangenheit, sehr verwirrend in Ursprung und Erfindung bei mehreren historischen Versionen.
Auch die vom 27. November 1826 über John Walker, einem englischen Chemiker und Apotheker aus Stockton-on-Tees, der die ersten Reib-Zündhölzer erfand.
Er hatte entdeckt, dass es zu einer Flamme kam, wenn er ein Hölzchen mit einer Mischung aus Schwefelsäure, Kaliumchlorat, Gummiarabikum und Stärke überzog, er dieses trocknen ließ und dann zwischen Glaspapier oder an einer sonst rauen Oberfläche rieb.
Und dies gelang später wohl auch ganz lässig am Absatz von Cowboystiefeln.
Doch alles ohne Phosphor wie schon bei Jean-Louis Chancel.
„Gar nichts war abgemacht!“, widersprach Joe Hollister. Er fingerte ein Zigarillo aus einem Etui, steckte es in den Mundwinkel und kramte dann Streichhölzer hervor. An der abgeschabten Stuhlkante riss er eines davon an. Einen Augenblick später blies er Sheriff Davenport triumphirrend den Rauch entgegen.
Auch der französische Chemiker Charles Sauria brachte 1830 Zündhölzer mit weißem Phosphor hervor. Eine leichte Reibung an rauer Fläche erzeugte genügend Energie, um sie zu entzünden.
Diese Überall-Zündhölzer waren zwar praktisch, doch auch gefährlich, denn um sie zu entflammen, war nur wenig Energie notwendig. Zu gefährlich für die Hosentasche.
Noch dazu sehr gesundheitsschädigend für die Arbeiter in den Fabriken, denn die Gefahr war die Phosphor-Nekrose. Diese griff die Knochen an, worauf auch Unter- oder Oberkiefers stark geschädigt werden konnten.
In England ließ sich Samuel Jones 1832 unter der Nummer 6335 die Erfindung von Reib-Zündhölzern patentieren. Er kam groß ins Geschäft, indem er John Walkers Erfindung übernahm und die Zündhölzer unter dem Namen „Lucifers“ verkaufte. Dieser Name wurde unter Rauchern sehr populär. Die „Lucifers“ waren weniger gefährlich, viel eher störte ihr unangenehmer Geruch beim Anzünden.
Dieses Problem habe 1836 der Ungarn János Irinyi gelöst und patentieren lassen; als lautloses, explosions-schwaches Streichholz. Der Chemiker vermengte den Phosphor im Streichholzkopf nicht mit Kaliumchlorat, sondern mit einer Gummi-Phosphor-Emulsion mit Blei-Dioxid.
Allererste Sicherheits-Zündhölzer – noch vor Rudolf Christian Boettger – erfand 1844 der schwedische Chemiker Gustaf Erik Pasch mit den Komponenten von separater Zünd- und Reibmasse, was auch er sich als Erfindung patentieren ließ. So eroberten seine „Schwedenhölzer“ die Welt.
Zu Sicherheits-Zündhölzer wurden sie, weil der „Reaktionspartner“ des Zündkopfes nicht mehr nur irgendeine Fläche war, sondern eben die Reibefläche an der Schachtel, die mit rotem, eher ungefährlichem Phosphor beschichtet war.
Um 1898 entdeckten wohl Henri Sévène und Emile David Cahen, dass sich Zündhölzer bei Zusatz von Phosphor-Sesqui-Sulfid statt weißem Phosphor im Zündkopf an jeder rauen Fläche entzünden lassen.
Diese Überall-Zündhölzer wurden später cineastisch populär in unzähligen Western-Filmen: Der Wild-West-Cowboy entfacht das Zündholz mit lässiger Bewegung am Absatz seines Stiefels.
Trotz solcher Überall-Zündhölzer hat sich das Sicherheits-Zündholz durchgesetzt. Sein Zündkopf besteht aus dem Sauerstoff-Träger Kaliumchlorat, insbesondere Mangandioxid, leicht brennbarem Schwefel, reibendem Glaspulver, Farbstoffen sowie Tierleim als Bindemittel. Die Hölzchen sind meist mit Paraffin getränkt.
In der Historie des Zünd- oder Streichholzes finden sich dann noch weitere Namen: 1787 der Franzose Claude-Louis Berthollet; 1855 der schwedische Fabrikant Karl Frantz Lundström und schließlich 1851 Anton Schrötter.
Das Problem der schweren Entzündbarkeit mit rotem Phosphor löste der Fabrikant Heinrich Hochstätter in Langen bei Frankfurt und präsentierte sein Ergebnis 1872 auf der internationalen Ausstellung in London.
Zu einem staatlichen Zündwaren-Monopol kam es ab 1930 im Deutschen Reich und von 1949 bis 1983 in der Bundesrepublik, das der schwedische „Zündholzkönig Ivar Kreuger“ initiiert hatte. Dieser hatte nach 1918 dem wirtschaftlich schwachen Deutschland eine Anleihe in Millionenhöhe bewilligt. Erst nach voller Tilgung des Kredits 1983 wurde dieses gesetzlich verankerte Monopol aufgehoben.
Spezielle, meist auch gewachste Sturm-Streichhölzer oder Pionier-Zündhölzer wurden einst entwickelt, um im Bergbau und beim Militär Zündschnüre sicher für Sprengungen zünden zu können.
Eine Variante der Sturm-Zündhölzer sind Bengal-Hölzer, die roter oder grüner Flamme abbrennen. Lange Ofen-Streichhölzer dienen vielfach dem Anzünden von Kamin oder Schwedenöfen.
Die Faszination von Feuer und Zündholz mit der Gefahr für Kinder führte bis zum Bundesgerichtshof zu mehreren Urteilen, dass Eltern deswegen eine hohe Aufsichtspflicht hätten.
Im Handel sind heute „Sicherheits-Streichhölzer“, deren „Kopfmischung“ aus Schwefel und Kalium sich nur an einer speziellen Reibefläche außen auf der Schachtel anzünden lässt.
Streichholzmuseen gibt es in Jönköping (Schweden), in Sušice (Böhmerwald, Tschechien), in Grafenwiesen und Bispingen (Deutschland), in Tomar (Portugal), in Schönenwerd (Schweiz) sowie in Bystrzyca Kłodzka und Częstochowa (Polen).
Literatur:
Alfons Bujard: Zündwaren; Survival Press, Radolfzell 1910/ 2002; Walter Loewe, Arne Jansson, Carl Magnus Rosell: From Swedish Matches to Swedish Match 1836 -1996; Stockholm 1997
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