Man könnte sich wahrlich darauf freuen, dass sich in einem bestandkräftigen Steuerbescheid trotz mehrfacher Prüfung der Finanzbehörde ein Fehler zugunsten des Steuerpflichtigen einschleicht.
So dies tatsächlich geschieht, kann dieser nicht mehr korrigiert werden.
Das hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 10. Dezember 2019 entschieden (IX R 23/18).
Im strittigen Fall hatte ein Steuerpflichtiger in seiner elektronisch eingereichten Einkommensteuer-Erklärung einen Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Gesellschafteranteils angegeben. Die hierfür maßgeblichen Unterlagen hatte er anschließend dem Finanzamt überlassen.
Zweifach wurde die Erklärung geprüft, nicht nur durch den Vorgesetzten des Sachbearbeiters, sondern auch durch die Qualitätssicherungs-Stelle des Finanzamtes. Nach einem „Abbruch-Hinweis“ im maschinellen Veranlagungsverfahren wurde durch einen Mitarbeiter des Amtes ein falscher Wert eingetragen, der trotz eines sogenannten „Sechs-Augen-Prinzips“ vor dem Steuerbescheid nicht auffiel.
Ergebnis: eine zu hohe Steuererstattung an den späteren Kläger.
Entdeckt wurde der Fehler erst bei einer Außenprüfung, obwohl der Steuerbescheid schon bestandskräftig war.
Kein Grund für das Finanzamt, den überzahlten Betrag zurückzufordern. Begründung: § 129 Satz 1 der Abgabenordnung (AO), in dem es heißt:
„Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.“
Bei Bestandskraft des Steuerbescheides wollte der Kläger jedoch nichts zurückzahlen. Nach erfolglosem Widerspruch gegen den neuerlichen Bescheid ging er vor Gericht.
Dort erlitt er zunächst eine Niederlage. Denn nach Meinung des ersten Finanzgerichts durfte das für den Kläger zuständige Finanzamt den fehlerhaften Steuerbescheid trotz Bestandskraft berichtigen. Die Klage wurde deshalb unbegründet zurückgewiesen.
Doch die Revision beim Bundesfinanzhof brachte den Erfolg.
Im Urteil zugunsten des Klägers begründete der BFH, dass nach § 129 AO die mögliche Korrektur eines fehlerhaften Steuerbescheides eng auszulegen sei.
Eine Berichtigung sei nur bei „mechanischen Versehen“ möglich, also bei Schreib- und Rechenfehlern und ähnlichen offenkundigen Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Steuerbescheides unterlaufen könnten.
Die Vorschrift sei jedoch nicht anwendbar, wenn einem Sachbearbeiter eines Finanzamts ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen sei oder er einen Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt habe.
Von einem solchen Irrtum gingen die Richter des BFH aus. Denn schließlich sei der Bescheid von mehreren Sachbearbeitern des Finanzamtes auch inhaltlich geprüft und bearbeitet worden.
Das nun schließe ein mechanisches Versehen und damit eine Anwendung von § 129 der AO aus.
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