Nein, wer heute 30 plus ist, für den beziehungsweise für dessen Eltern war in den 70-ern die Stammzellenforschung als publizierte und populäre medizinische Disziplin nicht bekannt. Wenn heute ein Kind zur Welt kommt, bietet sich die einmalige Chance, Stammzellen aus dem Nabelschnurblut zu gewinnen und aufzubewahren.
Das besondere Blut gilt als Quelle für besonders vitale und verträgliche Blutstammzellen, weshalb drei von 100 werdenden Eltern dafür sorgen, dass das Blut aus der Vene der Nabelschnur gesammelt wird und als Vollblut oder als daraus isolierte Stammzellen bei einer Temperatur von unter Minus 130 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff gelagert wird: als Spende oder für das eigene Kind.
Diese Zellen können in unseren Tagen das Leben eines leukämiekranken Kindes retten oder sogar für erwachsenen Patienten mit Blutkrebs dienen. Viele weitere Anwendungen sind denkbar und irgendwann können Patienten nach einem Infarkt oder mit beginnender Multipler Sklerose standardmäßig mit Stammzellen behandelt werden.
Embryonale Stammzellen aus Nabelschnurblut sind folglich begehrt, weil sich deren Wandlungsfähigkeit mit der ethischen Unbedenklichkeit körpereigener „adulter“ Gewebestammzellen „vereinbaren lässt“. Die Unreife der in ihnen enthaltenen Abwehrzellen macht sie zudem für fremde Empfänger verträglicher.
Die Hoffnung auf eine Art biologische Lebensversicherung hat inzwischen zu einem besonderen gewerblichen Service geführt Seit mehr als zehn Jahren wird von Speziallabors das Blut aus zig-tausend Nabelschnüren für einen eventuellen therapeutischen Einsatz aufbewahrt. Zunächst liegt bei diesen „Einlagerungs-Verträgen“ die Erstgebühr zwischen 180 und 2000 Euro, und pro Monat kommen sechs Euro dazu oder auch 30 Euro pro Vertragsjahr. Da bleibt dem Beobachter kein Zweifel: Stammzellen aus Nabelschnurblut auf unbestimmte Zeit z lagen, ist zu einem besonderen und wachsenden Markt geworden.
Was dagegen gleichermaßen ermöglicht, die kostbaren Stammzellen zu sichern, die die junge Familie überhaupt nichts kostet ist die Nabelschnur-Stammzell-Bank. Hier wird „Material“ gelagert, damit dieses irgendwann später unbekannten Empfänger oder auch gar nicht zu nützen; ähnlich einer Knochenmarksspende. In Düsseldorf, Dresden, Mannheim, Freiburg und Erlangen gibt es bereits solche öffentlichen Banken.
Eltern oft noch nicht entschieden
Bei Informationsabenden ist dann zu erkennen, dass die Eltern heute oft ratlos sind, ob sie die Nabelschnurblut einer schweren Erkrankung und der Stammzellen wegen für das eigene Kind gegen ‚Lagerkosten‘ bewahren lassen sollen oder gilt die ‚Nabelschnur-Bank als bessere Alternative?
Bei einer Leukämie werden bei einer Stammzelltherapie meist Zellen aus dem Knochenmark oder auch dem Nabelschnurblut von Spendern bevorzugt. Da das Blut der Nabelschnur der betroffenen Kinder jedoch oft schon Zellen mit der Vorstufe von Krebs enthält, sollten sich die Gedanken an die kindlichen Leukämien eher auf das Blut einer Spenderbank richten. Grund dafür ist gegeben, wenn schon vor der Geburt ein schwerer Herzfehler beim Kind erkannt wird, worauf mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut eines Tages ein mit wachsender Ersatz für defekte Herzklappen entstehen könnte.
Kein Grund, „versäumt“ anzunehmen
Nach heutigem Verständnis und Fachwissen wird jedoch nichts versäumt, falls die das Nabelschnurblut des Kindes nicht eingefroren wird, so die Haltung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzell-Transplantation. Schließlich gelte eine kostenpflichtige Gefrier-Konservierung als spekulative Investition der Eltern. Wird sich also nicht dafür entschieden, muss das kein schlechtes Gewissen verursachen.
Dem entgegen steht die „verantwortungsvolle Vorsorge“, so die Branchen-PR samt ihrer Werbung durch die Spezial-Labors, die allesamt gewerblich arbeiten, worauf der Laie zunächst nur glauben kann, dass Kindern später ungeahnte therapeutische Möglichkeiten geboten werden können, weil Blut aus der Nabelschnur eben wertvolle „junge“ Stammzellen mit besonderen Potenzialen für eine spätere Anwendung enthält
Das alles, weil körpereigene Stammzellen erfolgreich bei Herz- und Gefäßerkrankungen eingesetzt werden und zukünftig ausgefallene oder geschwächte Funktionen, Organe und Gewebe des Körpers unterstützt oder ersetzt werden könnten. Das Ganze gehorcht der unternehmerischen Zielsetzung eines Hightech-Labors mit höchsten medizinischen Standards (EU-GMP), das mit Behördlich geprüfte und zertifizierte Qualität aufwartet. Und auch Lob von Eltern wird gesammelt und aufbewahrt, wenn solches ankommt.
Sehr freundlich sei man über die Ziele informiert worden, wie eine Stammzelleinlagerung dauerhaft wahr genommen wird und wieviel dies langfristig kostet. Die zugehörigen Mitarbeiter gelten als tatkräftige und überaus motiviert, was dazu verleitet, einfach mal zu sagen: Weiter so!
Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Gesundheitsvorsorge beginne bei der Geburt, so die Botschaft an Eltern, die Prioritäten setzen sollen. „Was braucht unser Kind, was ist nicht unbedingt notwendig? Welche Entscheidung ist die richtige? Glaubt man den vollmundigen Versprechen, dann sind die Angebote fair zu fairen Konditionen. Verträge sind nicht an eine Mindestvertragslaufzeit gebunden, die Aufbewahrung kann monatlich gekündigt werden und nach zehn Jahren Vertragsdauer verringert sich sogar die Lagerung auf 4 Euro und nach 20 Jahren auf 2 Euro monatlich
Im Komplettpreis sind alle Leistungen inklusive:
* hochwertige Entnahmebox mit integrierter Temperaturüberwachung;
kompletter Transportservice per Clinical Express;
Entnahme des Nabelschnurblutes in der ausgewählten Klinik;
umfangreiche Untersuchungen und Aufbereitung im Labor;
Einlagerung unter arzneimittel-rechtlichen Qualitätsstandards;
persönliches Einlagerungs-Zertifikat und schließlich bis zu 50.000 Euro Zuschuss für Behandlungskosten im Rahmen einer Therapie mit Stammzellen aus dem bei N.N. eingelagerten Nabelschnurblut
Auf Wunsch kann auf 10 oder 20 Jahre bereits im Voraus bezahlt und gespart werden. Doch nur wer vergleicht behält die Übersicht zu Preisvorteilen und Gesamtkosten. Da bleibt zur Terminierung „falls Sie den Entbindungstermin bereits kennen, sollten Sie am besten gleich bestellen oder spätestens 14 Tage vor der Geburt“ der Hinweis auf ein asiatisches Sprichwort: Das Leben bietet viel, aber verspricht nichts.
[…] Erfolge kaum genutzt. Bei gerade einmal fünf Prozent aller Geburten in Europa wird das Blut der Nabelschnur entnommen. Viel zu wenig, wie die Geschichte des zehnjährigen Tobias Schöllmann belegt. Der Junge […]