Wie bitte, Bionik? Noch nie gehört! – Was haben Biologen, Physiker, Chemiker sowie Ingenieure, Techniker, Architekten und Informatiker damit zu tun, die auch noch eng zusammen arbeiten? Welches Geheimnis der Natur ist noch immer nicht gelüftet…? Der französische Ingenieur Lucien Géradin schrieb Anfang der 1970er Jahre: „Bionik ist die Kunst, technische Probleme durch Kenntnis natürlicher Systeme zu lösen“.
Was aber kann die derzeitige Wissensgesellschaft von den faszinierenden Konstruktions-, Verfahrens- oder Entwicklungsprinzipien der Natur lernen? Was hält die Natur bereit, als dass es als Patente gelten könnte, um es auch noch zu vermarkten oder um es für innovative Produkte – im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung – zu nutzen?
Bionik steht für die positive Verbindung von Mensch, Technik und Umwelt. Sie hilft, unsere Lebensgrundlagen zu sichern, eröffnet Perspektiven für ressourcen-schonende Lösungen und bringt Hochschulen und Unternehmen zusammen.
Das Kunstwort aus „Biologie“ und „Technik“ regt über die Natur Forscher und Entwickler an, wobei auch „Biomimetik“ gesprochen wird. Die noch junge Wissenschaft geht der Frage nach: Was können wir von der Natur lernen, um es auf neue Techniken zu übertragen?
Doch kopieren reicht nicht aus, auch wenn Flugzeug-Konstrukteuren Vögel als Vorbild nutzten, denn dauerhaft in der Luft zu gleiten, bedurfte langwieriger Forschung.
Also versuchen die Wissenschaftler, die Prinzip zu verstehen, die hinter dem jeweiligen „Naturpatent“ stecken. Vielleicht lässt sich die Erkenntnis auf neue Techniken und Produkte übertragen. Sich von der patenten Natur anregen lassen, um neu zu erfinden soll über die Bionik verantwortungsbewusst, zukunftsweisend und umweltverträgliche Lösungen ermöglichen.
Tigerkralle und orthopädische Schraube
Hier will die Bionik die Optimierung. Damit Bauteile in Funktion und Anwendung nicht zu schnell ‚obsolet‘ werden, entwickeln Konstruktions-Bioniker solche, die länger halten. Versucht wird auch, erwünschte Stabilität mit möglichst wenig Materialverbrauch zu erreichen. Untersucht wird, warum Konstruktionen der Natur – wie etwa die Tigerkralle – auch bei hoher Belastungen nicht brechen. Ist das Prinzip durchschaut, wird es auf Bauteile übertragen, um diese zu optimieren.
Die Bionik in der Architektur widmet sich den Eis-Quadern, die in Nordkanada zu Kuppelbauten – den Iglus – zusammen gefügt werden, und auch dem Granit, aus dem im Tessin als heimisches Baumaterial ideal klimatisierte Hütten werden. Wird das moderne Baumaterial „Beton“ – durch dessen Einsatz regionale Architektur oftmals verschwindet- damit kombiniert, können raffinierte Ideen durch die Bionik in der Architektur entdeckt werden. Bionische Architektur nutzt die Leichtbauweise mit neuen Formen, die als Chance für menschen- und umweltgerechtes Bauen gelten.
Der Blick auf Materialien und Strukturen der Natur lohnt sich auch für die Technik, baut doch die Natur anders als der Ingenieur. Die Natur konstruiert vom Kleinen zum Großen: Viele Zellen ergeben ein Gewebe, verschiedene Gewebe bilden ein Organ und alle Organe machen das Lebewesen aus.
Ingenieur-Kunst baut dagegen vom Großen zum Kleinen: aus rohem Metall entsteht ein Zahnrad nach Stanzen, Fräsen oder Schneiden. Ausnahme: Faser-Verbundwerkstoffe, bei denen aus vielen Fäden Bündel werden, daraus ein Geflecht, das in Kunststoffmasse gebettet zum wertvollen Werkstoff wird.
Ach ja, die Lotusblume
Im Alltag ist jeder individuell oder auch öffentlich umgeben von unterschiedlichen Oberflächen an Gegenstände; Organismen grenzen sich durch Flächen von ihrer Umwelt ab. So fragen sich Techniker und Wissenschaftler: Was bleibt auf Oberflächen haften und warum? Wieso bleibt manches nicht haften? Wann gibt es Reibung? Was wird aufgesaugt und warum? Hierbei ist der Nano-Effekt wohl der populärste, den die Allgemeinheit bereits kennt. Die Bionik bleibt also spannend, und wohl auch für Oberstufenschüler, wenn das Fach erst mal so populär wird, wie der Nano-Effekt beim Spray für Windschutzscheibe oder auf dem Glattleder-Schuh…
Sina meint
Ein super interessantes Beispiel zum Thema ist der Artikel
„Lernen von den Termiten – Biomimetik in der schweizer Architektur“.
Durch das innovative Verfahren der aktiven Nutzung der
Verdunstungskühlung kann die benötigte externe Kühlenergie
um mehr als 25 Prozent reduziert werden.
Weitere Infos auf:
http://real-estate-blog.ch/2013/06/21/lernen-von-den-termiten-biomimetik-in-der-schweizer-architektur/