Geboren als Konsument mit Kaufsucht
Man nannte ihn „Öko-Udo“, als er vor Jahren aus dem öffentlichen Dienst ausstieg, um „befreit von Konsumzwängen ein Leben im Einklang mit der Natur zu finden.“ Was aus ihm wurde, bleibt ohne weitere Recherche unbekannt, doch hat er bereits Nachahmer gefunden. Solche Intentionen sozial zu erkennen, bedarf der Ökonomen und Konsum- und Verbraucherforscher, die sich dann auch ums Gegenteil, um den kompensatorischem Konsum kümmern. Denn Konsum kann auch was ganz anderes sein, als sich nur zu versorgen – nämlich Glücksersatz?
Wer sein Einkommen (Y) stärker für den Konsum (C) statt fürs Sparen (S) einsetzt, der gelangt sehr wohl und sehr gut zur Kompensation und kurzen Glücksmomenten. Denn C ist direkt erlebte Belohnung.
Kurz drauf ist jedoch auch klar: Konsum kann nicht nachhaltig glücklich machen, weil C eine passive Sache bleibt. Es fehlt die aktive Hingabe, es fehlt, dass man etwas durch sich selbst schafft.
Wer heute Konsum demonstrativ angeht, der erkennt, dass dies eine komplizierte Sache ist. Denn Konsum funktioniert symbolisch und vielfach: durch Status und Stil, durch Zugehörigkeit und Abgrenzung, als Identitätskrücke und mit Kompensation. Konsum schafft Vergnügen in der Freizeit, er lenkt ab. Das gilt auch beim Konsum übers Internet und online und so wird es schwierig, sich der Verlockung zu entziehen.
Kaufsucht ist klar definiert: ihre Diagnose gilt dann, wenn der Proband einen unwiderstehlichen Drang zu kaufen hat, wenn Kontrollverlust gegeben ist, wenn der Drang zur ständigen Wiederholung besteht, verbunden mit engen Interessen und Entzugserscheinungen, mal nicht kaufen zu können oder gekauft zu haben…
Wer als kaufsüchtig gilt, interessiert sich nur fürs Kaufen und enger für das Produkt der Begierde. Wird also Frust regelmäßig durch durch Kaufen abgebaut, ist derjenige der Sucht verdächtig.
Wo sind nun jene, die sich dem Konsum versagen, sich von ihm abwenden? Wie viele davon lassen sich erkennen? Werden sie mehr…? Der Erkenntnis nach gibt es tatsächlich Zeitgenossen, die bewusst ihre Freiheit pflegen und sich wenig Materielles gönnen – gemessen an allen anderen jedoch eine eher kleine Gruppe.
„Der Mensch lebt nicht zum Arbeiten, sondern er arbeitet, um zu leben…! – Die Beweggründe seit Mitte des 19. Jahrhunderts, sich gegen „Überkonsum“ zu wenden, sind unterschiedlich belegt: religiös, spirituell, sozialistisch-kommunistisch, verantwortungsethisch oder einfach nur persönlich und damit individuelle.
Wem Freizeit lieber ist als ein Burnout durch die Arbeit, der hat erkannt, dass Arbeit und Konsum zu verdichtet sind, hohen psychischen Druck auslösen und in vielem inhaltsleer und sinnlos geworden sind.
Den Wert des Menschen an seinen Besitzt und seinem Eigentum zu messen, ist eine fatale Erscheinung geworden: mein Auto, mein Boot, mein Haus, mein Pferd, meine Kinder, meine Frau…
Alles daraus entstanden, wie für soziale Gesellschaften die Konsum-Anthropologie und Evolutions-Biologen das Ergebnis erklären: Eigentum und Besitz bedeuten Stärke, versprechen eine höhere Reproduktionsfähigkeit und höheres Ansehen.
Aufschnappt vor der Zeit des Euro
Die Frau vom Zahnarzt zur Frau des Apothekers: Ist doch schön, wenn man den Pfennig nicht rumdrehen muss…. – Und das gilt dann auch für den Cent. Kostet doch ’ne prophylaktische Zahnreinigung für ’ne knappe Stunde auch schon mal 176 Euro. Auch im badischen Schwarzwald…
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