Mit einer Definition täte sich der Normalbürger eher schwer, den Mobbing ist kein Begriff aus der Rechtskunde, bietet keine Grundlage, um Schadensersatz oder Schmerzensgeld verlangen zu können, auch nicht, um rechtlichen Schutz vor missgünstigen Kollegen oder Vorgesetzten zu bekommen.
Für Juristen steht Mobbing deshalb für Konfliktsituationen am Arbeitsplatz, die wenigstens ein Betroffener so empfindet, als dass diese gegen seine Person gerichtet und als schikanös gelten (LAG Köln, März 2010, AZ 7 Sa 1127/09).
Dies können Beleidigungen sein oder ständige Kränkungen, herabwürdigende Arbeitsaufträge, die nicht den vertraglichen Arbeitsinhalten entsprechen oder auch Abmahnungen, für die es keinen Grund gab.
Was nun immer auch als Mobbing bezeichnet wird, ist nun nicht ebenso rechtlich, arbeitsrechtlich oder schadensrechtlich relevant.
So zählen zum „Mobbing“ aus rechtlicher Sicht „alle Verhaltensweisen, die bei objektiver Betrachtung darauf abzielen, Rechtsgüter des Betroffenen wie insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die Gesundheit nachhaltig zu beeinträchtigen“.
Wer solches tut oder zulässt oder nicht verhindert, kann Schadensersatz gegen sich auslösen, wenn die Handlungen materielle oder immaterielle Schäden verursachen.
Wegen des sozialen Phänomens des Mobbings wurde inzwischen ein „deliktischer Schadensersatzanspruch“ bestimmt, der wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (§ 823 Abs. 1, Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG) grundsätzlich anerkannt wird (LG Erfurt, November 2010, AZ 3 O 1157/10).
Wer einen solchen Anspruch durchsetzen will, muss die voraus gegangenen Handlungen als „schwerwiegende Verletzung“ nachweisen können, was wiederum davon abhängt, wie bedeutend die „Tat“ war und wie weit Eingriff, Anlass und Beweggrund sowie Grad des Verschuldens reichen.
Mobbing vs. Tageskonflikt
Empfindet eine Person, das sie ge-mobbed werde, grenzen die Juristen dagegen die Verhaltensweisen Dritter ab, die nur als “ Arbeitsplatzkonflikten allgemeiner Art“ gelten können.
Ist es doch im kaufmännischen und gewerblichen Berufs-und Arbeitsalltags so, dass am Arbeitsplatz Individuen mit verschiedensten Persönlichkeitsmerkmalen und Charakter in einem „intensiven sozialen Dauerkontakt“ und unter Leistungsanspruch leben.
Damit ist nun auf Dauer kaum vermeidbar, dass der Einzelne unterschiedlich oft und meist überraschend in Situationen gerät, die sozialen Zündstoff enthalten.
Unterstellt man, dass dies als „normal“ gilt, ist dies als Erscheinung auch „sozialadäquat“.
Was also ist eine „sozial noch zu billigende arbeitsalltägliche Konfliktsituation“ – im Sinne eines folgenlosen sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens bei objektiver Betrachtungsweise – und was muss als Mobbing-Verhalten gelten, das auch finanzielle Ersatzpflicht auslösen könnte? Unwesentlich ist dabei, wie der betroffene Arbeitnehmer dies subjektiv empfindet, worauf es eben nicht ankommt.
Schikane als Maßstab
Um in solchen Fällen Recht zu sprechen, wurde vom Bundesarbeitsgericht ein Maßstab entwickelt, der darauf abstellt, wie lange und wie intensiv die Schikane gegolten hat und wie verwerflich sie ist.
Es muss also ein systematisches Verhalten eines Schädigers sein, damit gegen diesen ein Schadensersatzanspruch auftreten kann, der sich aus dem Mobbing begründet. Derjenige, der mobbed, muss dies also „fortgesetzt, bewusst und zielgerichtet anfeinden, schikanieren oder diskriminieren und der damit ein allgemeines Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzt (Mai 2007, AZ 8 AZR 709/06). Nicht ein einmaliger Vorgang, sondern eine Vielzahl an Handlungen von Kollegen oder Vorgesetzten müssen das Persönlichkeitsrecht oder die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers verletzen.
Fürsorge des Arbeitgebers
Wer das Direktions- oder Weisungsrecht hat, der hat auch die arbeitsrechtliche Pflicht eines Arbeitgebers, Arbeitnehmer vor Mobbing durch Kollegen oder auch Vorgesetzten zu schützen. Eine Rolle spielt dann bereits, dass die Pflicht zur vertraglichen Rücksichtnahme geboten ist, was auf die Grundrechten abstellt, die als Wertentscheidungsmaßstab gelten. Demnach dürfen der Arbeitgeber und je nach Rang auch seine „Erfüllungsgehilfen oder Repräsentanten“ das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzen.
Wird dem zuwider gehandelt, kann der Arbeitnehmer fordern, dass die fortwährenden Beeinträchtigung beseitigt und weitere Verletzungshandlungen unterbleiben (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.03.2010, Aktenzeichen 6 Sa 256/09).
Das nun bezieht sich auch auf den „Ehrenschutz“ und damit auf unwahre Behauptungen und auf herabsetzende ehrverletzende Äußerungen und Verhaltensweisen.
Erst daraus kann sich ein Anspruch des Betroffenen auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere ergeben (LAG Hannover, Urteil vom 09.03.2009, Aktenzeichen 9 SA 378/08).
Fazit: eine unberechtigte Kritik, eine überzogene Abmahnung oder gar eine unwirksame Kündigung stellen im Sinne von Mobbing nicht immer auch eine Persönlichkeitsverletzung dar und verletzen nicht immer die vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme (LAG Berlin-Brandenburg, Juni 2010, AZ 6 Sa 271/10).
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