Es ist amtlich bestätigt: Die Gehälter deutscher PolitikerInnen erhöhen sich nun automatisch.
In der offiziellen Sprache heißt es: „Die Diäten sollen nach dem Willen der Union und SPD künftig automatisch angeglichen werden“.
Von einer Angleichung spricht man im Behördendeutsch auch, wenn (Sozial-)Leistungen gekürzt oder gestrichen werden.
Im Falle der Diätenerhöhung besteht der Automatismus in einer Art Regulat: So sind die Abgeordnetengehälter an die Höhe der Gehälter der Bundesrichter gebunden. Gemäß den Informationen von tagesschau.de heißt es: „Werden diese erhöht, sollen auch die Diäten entsprechend steigen. Bislang musste der Bundestag jede Erhöhung der Diäten selbst bestimmen.“
Derzeitig besteht das Angeordnetenplenum aus 613 Parlamentariern. Laut weltonline.de sollen die Diäten „bis Ende 2009 in zwei Schritten um 9,4 Prozent oder rund 700 Euro auf knapp 7.700 Euro (respektive 7.668 Euro.Quellen: FDP, lycos.de) angehoben werden“.
Erste Bilanz:
Ein erstes Resultat ergibt sich daraus: Insgesamt erhalten die Parlamentarier pro Jahr 5.149.200 Euro zusätzlich. Somit ist die Rechnung aber noch nicht vollständig.
Im Gegenzug zur Diätenerhöhung wird die Altersversorgung leicht gekürzt. Das Renteneintrittsalter von 67 wird nach der neuen Regelung auch die PolitikerInnen betreffen. Trotz der Tatsache, dass die Abgeordeneten künftig „nur noch“ 2,5 statt drei Prozent der Abgeordnetendiät als „Ruhegehalt“ erhalten, kann man die Berentung der Parlamentarier weiterhin als „Überversorgung“ bewerten. Denn nach dem neuen Gesetz ist die Vorraussetzung für den Rentenanspruch nicht mehr eine parlamentarische Mitgliedschaft von zwei Legislaturperioden, also nach 8 Jahren, sondern bereits nach einem Jahr (Quelle: Spiegel Online).
Bundestagsabgeordnete haben zusätzlich – im Gegensatz zu Bundesrichtern – zu ihren steuerpflichtigen Diäten eine steuerfreie Kostenpauschale von derzeit 3.720 Euro monatlich. Diese erhöht sich je nach Preissteigerungen, ebenfalls „automatisch“. Ein zusätzliches steuerfreies Zubrot. Dabei wird nicht berücksichtigt, ob der Abgeordnete mandatsbedingte Aufwendungen hatte oder nicht.
Für die Bezahlung von Mitarbeitern erhalten Bundestagsabgeordnete monatlich bis zu 13.660 Euro.
Weiterere eklatante Unterschiede zum Bundesrichter, der ja das Maß der neuen Berechnung für die Diäten sein soll bestehen weiterhin zugunsten der Abgeordneten: Politiker dürfen nebenbei einen zweiten Beruf voll ausüben und unbeschränkt viel Einkommen beziehen.
Politiker erhalten ihre Altersversorgung (Quelle: Spiegel Online) bereits „nach Vollendung des 55. Lebensjahres“. Richter erst mit 65 Jahren.
Zweite Bilanz:
Monatliche Einkünfte eines Abgeordneten:
7.668 Euro Diät
3.720 Euro Steuerfreie Kostenpauschale
13.660 Euro für Personal
x-Euro für weitere Tätigkeit
21.698 Euro plus X.
Stimmen zur Diätenerhöhung:
Guido Westerwelle, FDP:
Er ist dafür, dass „Abgeordnete eine anständige Bezahlung erhalten“. Dafür sollten sie aber auch ihr Alter selbst versorgen.(Quelle: tagesschau.de)
Bundestagspräsident Norbert Lammert:
„Die Bewertung der Abgeordnetenarbeit fällt im Vergleich zu ähnlich wichtigen und belastenden Tätigkeiten eher zu bescheiden als zu großzügig aus.“ (Quelle: lycos.de)
Bundesgeschäftsführer des Bund der Steuerzahler, Reiner Holznagel:
„Eine Erhöhung, wie sie anscheinend bei den Parlamentarischen Geschäftsführern besprochen worden ist, lehnen wir kategorisch ab.“ Er fordert „die komplette Abschaffung der steuerfreien Kostenpauschale für Abgeordnete. Außerdem sollen die Pensions- oder Rentenansprüche, die ein Abgeordneter während seiner Zeit erwirkt, dahingehend verändert werden, dass die Abgeordneten selbst für ihr Alter sorgen und eigene Beiträge leisten“. (Quelle: AFP, Spiegel Online)
Arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer:
Es sei bezeichnend, dass sich Union und SPD beim Mindestlohn weiter stritten, parallel dazu für eine neuerliche Diätenerhöhung sofort Einigkeit erzielten. „Das fatale Signal in die Gesellschaft heißt: das Eigene zuerst.“ (Quelle: WeltOnline)
ASG Leipzig- Die Linke: Maximilian Meurer und das Mitglied des Stadtvorstandes der Partei die Linke in Leipzig, Ingo Groepler-Roeser erklären gemeinsam:
„Es ist schon der Gipfel der Unverfrorenheit, überhaupt an eine Diätenerhöhung zu denken…eine schallende Ohrfeige für jeden Arbeitslosen und ALG II-Empfänger und die Millionen Armutskinder in unserem Land. Für eine Erhöhung der Hartz IV Regelsätze ist kein Geld da, für die Bereitstellung von fiskalischen Mitteln zum Kampf gegen Kinderarmut verweist man auf die schwierige Haushaltslage und ergießt sich in Endlosdebatten und täuscht der Bevölkerung Aktionismus vor…fordern die sofortige Erhöhung der Regelsätze auf 500 Euro pro Kopf einschließlich der vollen Übernahme der tatsächlichen Wohnungs- und Energiekosten und die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe.
Anmerkung der Autorin:
Es ist Fakt, dass ein Hartz IV Betroffener mit 345 Euro im Monat für Strom, Nahrung, Kleidung und überhaupt Alles, was man zum Überleben braucht, auskommen soll. Er darf nur einen Nebenverdienst von maximal 120 Euro monatlich erwerben, nicht 400 Euro! Zusätzlich erhält er die Kosten für die Kaltmiete plus der Heizungskosten. Er kann jederzeit sanktioniert werden. Das bedeutet, den kompletten Lebensunterhalt für mindestens 1-3 Monate ersatzlos gestrichen bekommen. So droht ihm die Obdachlosigkeit. Er kann gegen Willkürbeschlüsse per Sozialgericht vorgehen, was er aber kaum überleben wird, da die Sozialgerichte den Anträgen hinterherhinken. Hartz IV Betroffene dürfen keine Geschenke und Spenden, die den Wert von 50 Euro pro Jahr überschreiten, annehmen. Dies alles ist den Abgeordneten, die mindestens das 28-fache im Monat zum Leben im Vergleich zu einem Sozialbenachteiligten Hartz-IV Betroffenen haben, dem der Zugang zu einer vollwertigen Arbeit verwehrt wird, wohl bekannt.
Bildquelle: aboutpixel.de
Update 17.10.2011: Fotograf Peter Smola
Anmerkung, Bild wurde aufgrund einer Abmahnung erst mal entfernt.
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