Das waren noch Zeiten, als vor noch 20 und mehr Jahren deutsche Junglehrer an den beruflichen Gymnasien mit 10 000 Mark für kleine „Schülergruppen“ im Rahmen des Börsenspiels zu großen Spekulanten werden sollten. Laufzeit des Spiels drei Monate. Ergebnis offen. Manch ein Team hat seiner Sparkasse Papiere unter deren Kaufkurs hinterlassen. Später spielte man nur noch mit fiktivem Kapital, wenn auch mit echten Titeln.
Bis heute hat sich stabilisiert, was von der Wirtschaftslobby und den ihr nahestehenden Organisationen und Initiativen gemeinsam mit Wirtschaftsdidaktikern zu einem politisch-pädagogischen Netzwerk wurde und woraus die Kampagnen für ein neues Schulfach ‚Wirtschaft‘ gestrickt werden. Dass ein solches Netzwerk eng mit CDU und FDP und ihren parteinahen Stiftungen verbunden ist, dürfte nicht überraschen.
Wirtschaftsverbände und die den Unternehmen nahe Organisationen fordern nicht nur ein eigenständiges Schulfach Wirtschaft, sondern wollen auch beeinflussen, was dort gelehrt und gelernt werden soll. Schulen werden zu diesem Zweck besonders von der Finanz-Branche überschüttet mit Materialien, man drängt ins Klassenzimmer, wo auch Mitarbeiter über finanzielle Allgemeinbildung referieren. Öffentlicher Bildungsauftrag und private Geschäftsinteressen werden vermischt.
Wem gehört die Bildung?
Insgesamt Ergebnis der Analysen von Möller/Hedtke von der Uni Bielefeld), die publik wurden durch die „initiative für eine bessere ökonomische bildung“ (www.iboeb.org). Unter dem Titel „Wem gehört die ökonomische Bildung? Notizen zur Verflechtung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik“ lässt sich nachlesen, wie es um den Einfluss auf die Schulen bestellt ist.
Die „initiative für eine bessere ökonomische bildung“, ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern aus fünf Universitäten, kritisiert, dass wirtschaftspolitisch und politisch einseitig „doktriniert“ wird. Damit werde verhindert, dass Schülerinnen und Schüler sich eigenständig und differenziert ihre Kenntnisse und Positionen aneignen können.
Doch geht es eben um die Chance, in der ökonomischen Bildung an öffentlichen Schulen für Positionen der privaten unternehmerischen Wirtschaft und des wirtschaftsliberal-konservativen Parteienspektrums zu werben, so die Wirtschaftsverbände.
Beleg dafür sind die von den Lobbygruppen aufwändig entwickelten Unterrichtsmaterialien, für an Schüler und an Schulen verbreitet werden.
Was darf zugelassen werden?
Dürfen die Schulbehörden, die Schulträger und die Lehrer nun zulassen, dass ein eigenes Schulfach ‚Wirtschaft‘ zum Fach der Wirtschaft und der Wirtschaftsverbände wird? Ein Schulfach, nach Vorstellungen der Wirtschaftsverbände und ihrer Partner; inhaltlich und politisch einseitig geprägt.
Werden doch mit den publizierten Unterrichtsmaterialien die Positionen und Perspektiven von Gewerkschaften, Umwelt-, Sozial- und Verbraucherverbänden sowie die Kritik an Kapitalismus und an Globalisierung minimiert und auch marginalisiert. Kaum gefragt ist wissenschaftlicher und politischer Pluralismus und politische Positionen aus dem Mitte-Links-Spektrum kommen eher nicht vor.
Dem zu begegnen, fordert die initiative für eine bessere ökonomische bildung, auf dass sich die Wirtschaftsdidaktik als Wissenschaft beweist und sich die bildungspolitisch Handelnden nachhaltig für den wissenschaftlichen und politischen Pluralismus in der ökonomischen Bildung an allgemeinbildenden Schulen einsetzen.
Nicht nur nach Auffassung der iböb darf die ökonomische Bildung an öffentlichen Schulen nicht nur den Interessen von großen Unternehmen und Wirtschaftsverbänden „geopfert“ werden. Der pädagogische Handlungsbedarf muss auch kultus-politisch gewollt werden.
Infos unter http://www.iboeb.org/moeller_hedtke_netzwerkstudie.pdf
Homo Oec meint
Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.
Der Autor dieser Studie, Prof. Dr. Hedtke, ist eng mit den Gewerkschaften “vernetzt”.
Das macht ihn nicht suspekt. Aber es relativiert seine Kritik. Und es verdeutlicht, dass er selbst kaum objektiv sein kann. Obwohl mancher Kritikpunkt berechtigt ist.
Aber deshalb gleich „Verschwörungstheorien“ in die Welt zu setzen, ist doch wohl ein wenig übertrieben.
Außerdem hat seine Mitstreiterin und frühere Bielefelder Kollegin Prof. Dr. Weber, Mitgründerin der iböb, unlängst selbst für die viel gescholtene “Finanzindustrie” Materialien zum Umgang mit Geld geschrieben – für die Gundschule!!!
Siehe: Birgit Weber: Kinder, Knete & Co. Sparkassen Schulservice 2007
http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/05__Service/Material/04__Lehr__und__Lernmaterialien/Jahresthema_20Geld/Kinder_2C_20Knete_20_26_20Co_20-_20Lehrerpaket,sourcePageId=15090.html
Was soll man davon halten? Warum verschweigt man das?
Homo Oec meint
Homo Oec meint
GesinnungsgenossInnen von Kritik ausgenommen?
Ich habe mir das Netzwerk genauer angeschaut und die vielen verschiedenen Institutionen gegoogelt. Was es nicht alles gibt auf dieser Welt!
Die beiden Bielefelder Soziologen erwähnen jedenfalls ausdrücklich die Bertelsmann-Stiftung, die Heinz Nixdorf Stiftung und die Ludwig-Erhard-Stiftung als Strippenzieher, Tschuldigung: Netzwerker.
Und genau für jene hat doch des Prof. Dr. Hedtke iböb-Kollegin, FRau Prof. Dr. Birgit Weber, bereits 1999 eine Studie gemacht.
So schreibt sie jedenfalls selbst auf ihrer Homepage:
http://www.hf.uni-koeln.de/34420. google sei Dank, findet man auch das.
Sage ich doch: Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.
Als kritische Leserin dieser kritischen Studie frage ich mich jetzt noch mehr: Nach welchem Kriterium haben die Autoren wen und was in das Netzwerk aufgenommen?
Und aus welchen Gründen haben sie wen und was unerwähnt gelassen?
Wäre das Netzwerk nicht noch informativer, wenn es vollständig wäre?
Wäre es nicht glaubwürdiger, wenn sie nicht Personen davon ausnehmen würden,
mit denen sie eine gemeinsame politische Linie verbindet?
Es muss der Autorin und dem Autor doch auch klar sein, dass viele jetzt fragen werden,
ob Forschungs- und Entwicklungsgelder von diesen Stiftungen ihrer Meinung nach dann
unkritisch sind, wenn sie an ForscherInnen gehen, die ihre politische Linie verfolgen.
Ich bin jetzt noch skeptischer geworden,
dass das alles haltbar ist, was in dieser so genannten Studie steht!!!
Homo Oec meint
Homo Oec meint