Umfragen, Umfrage, Umfragen – meist repräsentativ und gültig stets für „alle“, vor allem meist für „die Deutschen“. Abgeleitet wird meist eine Statistik, wonach dies oder das… Zum Beispiel, dass die Renten deutlich kleiner sind als die Pensionen. Klar, in die durchschnittliche Renten fließt auch alles ein, was wegen einer gebrochenen Erwerbsbiografie dann deutlich unter 400 Euro liegt. Doch Pension erhält man aber erst mit 40 Dienstjahren und dann mit 71 Komma-Prozent schließlich vom Endgehalt.
Drum Augen auf bei der Berusfwahl! Warum also nicht zum Finanzamt, zum Lands oder Landratsamt, in den höheren Schuldienst oder auch auf Dauer zur Bundeswehr…? Wenn schon Sokrates die Jugend grauenvoll fand, dann gibt es doch nichts, sich aufzuregen, wenn viele Uni-Absolventen am liebsten im öffentlichen Dienst arbeiten wollen. Hat das was mit mangelnder Selbständigkeit zu tun?
Wenn auch die junge Gesellschaft viel auf Kontakte und ein vemeintlich gutes Netzwerk gibt und deshalb als stets erreichbar gilt, dann ist doch Spekulation zu glauben, man können auch „soziale Kompetenz“ beweisen und teamfähig sein.
Die Standards bei den Studenten sind doch eher ganz normal. Muss man doch nicht „Nein“ sagen, dem Dozenten widersprechen, ihm seinen Text zerpflücken…??
Wieviel Studiker von jeweils 100 in den späten 60-ern haben echt genervt? Haben dauerhaft widersprochen? Die wenigsten, weil man viel eher in BWL und VWL auf eine Trainee-Programm spekulierte und sich fleißig und strebsam gezeigt. Das war damals, als man mit grad mal 18 und nach drei Oberstufen-Schuljahren in zwei Kalenderjahren an die Uni entlassen wurde.
Rudi Dutschke machte Schlagzeilen, war aber meist weit entfernt. Schließlich haben sich viele Diplomierte auch in den Dienst an beruflichen Gymnasien rekrutieren lassen
Und jetzt schwadronieren manche: Moral sei mehr Manifestation als Argument, sie ziele nicht auf Diskussionserfolge, sondern auf Zugehörigkeitserklärungen. Und weiter gelte, dass die Atmosphäre unter denen, die sich zugehörig fühlen, entsprechend freundlich sei. Doch fehle der angelesene Dissens (Jürgen Kaube; faz-online).
Andere ’sozio-kulturelle Schlauberger‘ ziehen mit: es sei die astronomiche Zahl an Bewerbungsmappen, deren Nähe intellektuell auszuhalten, normalen Menschen nicht mehr möglich sei. Denn aus den Mappen strahle „der Geist der jungen Akademikergeneration“ mit einem ‚Lebenslauf‘, der eher ein Lebensmarsch sei: Im Stechschritt über drei bis vier Seiten“.
Die Ironie folgt auf dem Fuße. Jungakademiker von heute seien an allem unermesslich interessiert, begleitet von 17 Praktika und sie widmeten sich wahrlich vielen Dinge: in Peru unter Aufsicht des Goethe-Instituts elternlosen Alpakas Zöpfchen flechten….
Wer aber schrieb den Lebenslauf ? In der Vita davor auf dem Stapel las man das schon mal. Warum bewirbt sich keiner, der nicht nur funktionieren will, sondern auch mal widerspricht. Doch heutige Jungakademiker schweigen. Meist.
Auch eine Friederike Haupt mischt ironisch mit. Schildert den Inhalt eines Videos mit zwei jungen, grünen Europa-Abgeordnete, die bei Youtube von ihrem aufregenden Leben im Parlament berichten… gerade eben im öffentlichen Dienst angekommen.
Die „erfrischende, rundum gelungene Generation“ habe jedoch die Welt noch nie recht gesehen: sei aber weltoffen, friedlich, tolerant, vielsprachig, mit vielen akademischen Titeln dekoriert, erfolgreich und piepsfrech, idealistisch, total aufregend.
Und dann die Totschlag-Behauptung: der öffentliche Dienst sei die ideale Basis, um den Erlebniszoo, als den man die Welt erkannt habe, bewahren zu können. Hege, Pflege und Unkrautbekämpfung würden mit den Mitteln des aufgeklärten Geistes geschehen, die da sind Labern, Twittern, viele Freunde sammeln.
Doch der Schleim gilt als schnell erkannt – fast schon als ernste Krankheit. Die Symptome: floskelhafte Rede, langweiliger Strebsamkeit, magnethafte Suche nach dem Gleichen, was ziemlich sicher vom Jungsein in die gute alte Spießigkeit und den Zynismus führt.
Und auch Jan Grossarth hält mit: die akademische Jugend nehme die Farbe der Grottenolme an, die bleich in müffelnden WG-Zimmern und nachts in überfüllten Bibliotheken hockten, wo man Bachelor-Punkte zusammenkratze. In den Semesterferien: Praktika, Praktika, Praktika.
Doch in Wirklichkeit sei alles noch viel schlimmer, denn die Grottenolme sollten nicht aussehen wie solche, weil wer sich blass paukt, der sei ein „Nerd“, ein eindimensionaler Irrer, ein „Lauch“, verunstaltet vom Streben und Schleimen, ein „MoF“, ein Mensch ohne Freunde.
Und dann ist da noch ein Axel Wermelskirchen, der sich jener Bewerber annimmt, die sich für ein Praktikum in seiner Redaktion vorstellen und ihr Verständnis beim Zuhören mit Okay! oder Genau! markieren. Doch ihre Anwort seien lang und unbefriedigend, und wenn ihnen nichts mehr einfalle, mache man eine Schwadronierpause, um dünnen Gedanken ein wenig Substanz abzulauschen… „Genau!“.
Es fehle an der Selbsterkentniss eigener Wissenslücken, was der erste Schritt zur Besserung sein könnte, bleibt aber fremd. Man hüte sich vor den „Genau“-Sagern, weil sie nichts genau nehmen: nicht die Rechtschreibung, nicht die Zeichensetzung und auch nicht die Fakten.
Jetzt fehlt noch Matthias Alexander, dem die aktuell jungen Generation vorwerfe, dass man von denen stets eine Gegnerschaft erwarte. Er, der damals in Tübingen im Wintersemester 1972 mit dem Studieren anfing. Seine Nostalgie: die Gegner der Trotzkisten waren die Maoisten. Die Gegner der Maoisten waren die Marxisten-Leninisten. Deren Gegner waren die Spartakisten. Und Gegner aller Gegner waren die Jungsozialisten und die Christdemokraten vom RCDS.
Heute gibt er zu, dass man lächerlich verkannt habe, sich fühlen zu wollen wie Lenin am Vorabend der großen Revolution. Doch selig sei, wer heute einen Gegner hat, weil nur der weiß, dass es ein Lebensrisiko gebe udn man auch was wagen müsse.
Und deshalb darf man auch falsch liegen und muss nicht in Toleranz baden und bleibt unfähig, eine Haltung einzunehmen.
Statt „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich““, wattieren sie sich im unentschieden-beliebigen „Einerseits-Andererseits“, nennen es Pragmatismus, wenn sie sich nicht trauen, einen Standpunkt zu suchen und zu finden. Das schöne deutsche Wort „Weltanschauung“ sollte von seinem Dogmatismusverdacht gesäubert und wieder zu Ehren kommen.
Wer keine Weltanschauung hat, will nicht erwachsen werden. Dadrin könnte des Pudels Kern stecken: Die Heutigen sind eine Generation, deren Eltern ihnen weder Angriffspunkt noch Widerstandsfläche geboten haben, weil sie ihnen nicht auch Gegner, sondern stets Freunde sein wollten, um ja von ihnen geliebt zu werden.
Für Rainer Hank wird die Welt wird immer technischer. Unter dem Stichwort Internet der Dinge wird fast das gesamte Leben vernetzt. Das wird von der Jugend begeistert aufgegriffen. Wie die Musik verbindet die Technik Menschen über alle Status- und Bildungs-, Herkunfts- oder soziale Grenzen hinweg. In der Bedienung des Smartphones oder des Tablets gibt es keine Unterschiede. Man steht für jedes neue Modell stundenlang an. Aber was unter der Handyoberfläche passiert, interessiert wenige. Die Jugend nutzt die Technik – sie hat aber wenig Ehrgeiz, die Technik weiterzuentwickeln. Die technische Experimentierfreude scheint ihr abhandengekommen zu sein. Zum einen sind sie da wahrscheinlich nur Spiegelbild ihrer Eltern.
Solange Erwachsene auf Partys sympathieheischend noch immer damit kokettieren, einst in Mathematik eine Niete gewesen zu sein und bei der Behandlung physikalischer Grundkenntnisse wohl gefehlt zu haben, ist es schwer, den Nachwuchs für Technik zu begeistern. Andererseits sind auch die objektiven Hürden hoch. Selbst von denen, die sich für ein ingenieurwissenschaftliches Studium entscheiden, geben 40 Prozent schon in den ersten Jahren an der Universität wieder auf. Ihnen fehlt das notwendige Basiswissen in den Fächern Mathematik und Physik. Offenbar versäumen Elternhaus, Schule und Wirtschaft, statt begeisterter Handynutzer auch begeisterte Handyerfinder auszubilden.
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