Hat der Herbert Grönemeyer Kinder? Wenn nicht, warum stammt dann von ihm der Songtext: Gebt den Kindern das Kommando, sie berechnen nicht, was sie tun. Die Welt gehört in Kinderhände, dem Trübsinn ein Ende, wir werden in Grund und Boden gelacht, Kinder an die Macht. Sie sind die wahren Anarchisten, lieben das Chaos, räumen ab, kennen keine Rechte, keine Pflichten, noch ungebeugte Kraft, massenhaft ungestümer Stolz… – Und wenn ja, warum auch…???
In 2015 stellt nicht nur Papst Franziskus fest, dass ein Tadel auch schon mal einen „würdevollen Klaps“ als körperliche Züchtigung bedeuten kann, und der schwedische Psychiater David Eberhard veröffentlicht in seinem neuesten Buch *), dass eine zu liberale Erziehung Kindern und Eltern schade.
Haben Eltern auch diese Vermutung von den vermeintlichen Experten oder nach Lektüre zahlreicher Erziehungsratgeber? Schadet es tatsächlich, wenn eine Kind früh in die Krippe kommt? Ergeben die Stunden mit der Erzieherin eine stärkere Bindung als die an die Mutter?
Und so wird sie publik: die Pädagogik zwischen autoritärer Erziehung und Laissez-faire. Denn so wie die eigenen Eltern einen erzogen haben, will man das wohl auch nicht machen, und erzieherische Intuition kann leichtsinnig sein.
Darf und soll man jetzt weder bestrafen noch loben…?
Doch man darf, weil man in der authentischen Kommunikation als Eltern nicht jedes Wort überlegen soll, um eventuell das Kind nicht zu beschämen, zu verunsichern oder unter Druck zu setzen. Aber leider suchen junge Eltern nach ‚Orientierung‘, nach Dogmen und Ideologien, die als sinnvoll gelten.
Was aber bieten Erziehungsexperten? Oft nur eigene Ansichten und den gesunden Menschenverstand, was allen Eltern gegeben ist, ohne perfekter Experte zu sein.
Warum aber besteht der Wunsch, Kinder überall und bei allem beschützen zu wollen? Sie zu ‚überbehüten‘!? Werden Kinder nicht eher kompetent, wenn sie allein zur Schule gehen dürfen, trotz des Verkehrs in den Städten…?
Eigentlich schon, aber Eltern lassen vieles nicht zu, fordern deshalb hilfreiche Entscheidungen und den Austausch bei offenen Fragen. Und so handeln Erwachsene auch widersprüchlich, weil ihnen die Kompetenz feht, was Kindern in deren Sozialisation gut täte, ohne dass es überfordert wäre.
Heran zu wachsen und erwachsen zu werden, hat wenig damit zu tun, dass man Kinder vor situativen Besonderheiten schützt und man die ‚Nabelschnur‘ nach wie vor fiktiv in Händen halten will, denn Kummer gehört zur Welt.
Kindliche Reaktionen bedürfen keiner Diagnose, wenn sie mal müde, gereizt, hyperaktiv sind. Sie gehören vielleicht nur mal früher ins Bett, weg von der Glotze, weg vom Laptop oder dem Smartphon.
Als Eltern liberal zu sein, sich gleich berechtigt einzufordern, um nicht zurück zu stehen, führt oft dazu, dass der Wert einer Elternschaft verloren geht.
Eine solche ‚Genderisierung‘ ignoriert die biologischen Erkenntnisse, wie sich Kinder entwickeln, was vor allem für Jungs als Teenager gilt, falls diese in der Schulen nicht mehr wie Jungs behandelt werden **).
Vieles in der fehlgeleiteten Erziehung liegt auch an den Lehrern, deren Ansehen schwer verrutscht ist: Kinder wollen nicht mehr auf die Lehrer hören, weil man auch auf Eltern nicht hören muss oder will.
Die Folge: sinkende Leistungen, Schule schwänzen, Lehrer beschimpfen und Lust auf Vandalismus. Mangelndes Selbstbewusstsein wird typisch für Kinder, denen man zuviel Fürsorge und Aufmerksamkeit entgegen bringt.
Solche „Mittelpunkt-der Welt-Kinder“ schwärmen für Casting-Fernsehshows und für deren Gesangstalente. Wer dabei enttäuscht wird, wird auch schon mal zum frechen Rotzlöffel, weil das Selbstbild falsch wird.
Wer sich zu stark aufs Kind fokussiert, darf dabei nicht glauben, die beste Erziehungsmethode anzuwenden, denn Kinder lieben ihre Eltern in manchen Fällen nur noch weniger als früher.
Das kann dann später auch dazu führen, dass alte und geberechlich gewordene Eltern eher ins Heim sollen, was nicht in jedem Fall der erforderlichen Pflege schlecht ist…
Mag sein, dass in anderen Ländern ein höherer Familienzusammenhalt gilt und Eltern bis in höhste Alter eine andere Wertschätzung efahren…
*) David Eberhard: „Kinder an der Macht“; März 2015, im Kösel Verlag
**) DerAutor kam 1959/ 60 mit elf Jahren wegen Raummangels in der damaligen Mittelschule für die fünfte Klasse an die Mädchenschule, an der auch Klosterfrauen unterichteten. Im Fach ‚Werken‘ waren bei Schw. Theodora Karton-Teile zu bekleben, mit Hexenstichen zu rändeln und als Puppenschränkchen zusammen zu nähen. Bis heute hat es ihm nicht geschadet …im Gegenteil! Stoff, Schere, Faden oder Bügelbrett sind ihm kein Gräuel.
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