Welche Abrechung ist legal, welche legitim…? – Von wegen Chefärzte…
Der „gemeine Verbraucher“ als Hauseigentümer kennt freche „Honorarsätze“, wenn er sich denn daran erninnert, auch vom Schornstein- oder Kaminfeger. Der ist wegen einer obligaten Durchsicht grad mal 20 bis 30 Minuten da, prüft technisch die Abgaswerte, hält den Spiegel ins Kamin und fordert bis zu 100 Euro. Ähnlich gewundert hat man sich sicher auch schon mal bei den Arbeitswerten zum Kundendienst im Autohaus…(Illustration (c) by Nils Knoblich)
Mehr als nur wundern kann man sich aber auch beim Anwalt, dem des Vertrauens, wenn es denn zunächst so sein darf.
Mal angenommen eine „Gegenseite“ reklamiert überraschend einen vorwurfsvollen und eigentlich willkürlich benannten Streit- oder sog. Gegenstandswert von 20 000 Euro, zu dem der erwählte Anwalt nach zwei Sitzungen jeweils eineinhalb Seiten Rechtsauffassung diktiert und versendete, dann kann es schon mal zu einem „Honoraranspruch“ von deutlich über 1000 Euro kommen.
Wie das? Eben wegen des „Gegenstandswertes“, den wohl auch der gegnerische Anwalt zu seinen Gunsten in dieser Höhe vorgeschlagen und aufgemacht hat, und wegen der Geschäftsgebühren nach den §§ des RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ).
Danach kann es dann schon mal zu folgendem email-Verkehr zwischen Mandant und Anwalt kommen:
Sehr geehrter….
gerade eben öffne ich Ihre Kostennote. Zu Ihrem Mandat hatte ich in diesem Zusamenhang bereits festgestellt, dass ich zufrieden war, wie Sie zwei mal Ihren Schriftsatz formulierten und Sie mich damit wohl in der Angelegenheit unterstützen.
Jetzt gestatte ich mir aber – als ebenfalls „ackerdemisch“ gebildeter Zeitgenosse – eine Feststellung, die ich bislang allenfalls bei Chefärzten und Zahnärzten erkennen musste: RAe lange doch ordentlich hin!
Ich war mir allerdings nicht bewusst, dass allein der von der Gegenseite wohl willkürlich benannte Streitwert (??) – auch außergerichtlich – eine Rolle zu spielen hat (was auch für Ihre reduzierten 10.000.- gilt).
Ich halte deshalb fest: zwei reale Sprechstunden und zwei Schriftsätze für 613.- Euro plus Umsatzsteuer…das ist mehr als nur keck und übertrifft selbst meine Kenntnis zu hohen Honoraren pro Stunde in München.
Da diese Zeilen wohl nichts daran ändern, was ich als „besonnen und materiell angemesen“ betrachte, werde ich Ihrer Kostennote in diesem Falle wohl entsprechen müssen (zahlbar wohl sofort, also wie unter verkehrsüblichen Umständen möglich).Es grüßt freundlich
N.N.
Des Anwalts erste Antwort
Sehr geehrter Herr…
Ihre Ausführungen sind für mich sehr enttäuschend, da ich Ihren Zeilen entnehme, dass Sie mein Entgegenkommen in keinster Weise schätzen. Nachdem Sie mich schon im Vorfeld darauf angesprochen hatten, Ihnen bei der Abrechnung entgegen zukommen, habe ich dieser Bitte entsprochen. Ich habe Ihnen gegenüber etwa 50 % derjenigen Gebühren abgerechnet, auf die ich Anspruch habe.
Wenn Sie mir dann vorwerfen, auch Anwälte „langen“ ganz schön hin, dann weise ich diese Unterstellung mit Entschiedenheit zurück.
Können Sie sich vorstellen, wie man sich vorkommt, wenn man großzügig ist und sich dann mit solchen Vorwürfen konfrontiert sieht?Mit freundlichen Grüßen
xy Rechtsanwalt
Nachtrag des Mandanten
… in keiner Weise will ich Ihre inhaltliche und damit berufliche Leistung in den beiden erledigten Schriftsücken schmälern.
Dass sich jedoch ein Rat- und Recht-Suchender mit der Erteilung eines Mandats darauf einlässt, dass ein von der Gegenseite eigentlich „willkürlich“ benannter Gegenstandswert von unverschämten 20.000 – oder auch nur die Hälfte davon – die spätere Honorarnote des eigenen Rechtsvertreters bestimmt, hätte zumindest eines klaren Hinweises durch Sie bedurft.Dies ist in meinem Anspruch an eine klare und auch materiell zweifelsfreie Rechtsvertretung tatsächlich unterblieben, womit Sie – zumindest bei mir – das Ansehen eines Berufsstandes keinesfalls verbessert haben. Im Gegenteil.
Ihre Leistung habe ich gelobt, aber dafür hätte es – trotz Kanzleikosten und „juristischem“ Anspruch nach VV und §§ RVG – zweifelsfrei genügt – wenn Sie Ihre Leistung mit einem „Stundensatz“ von 200 Euro/Stunde ausreichend und damit überaus angemessen bewertet hätten.Dass RAe auch auf USt optieren, war mir ebenfalls nicht bekannt und nicht bekannt gemacht worden, stellt doch die USt für einen Verbraucher ein knappes Sechstel an zusätzlichem Aufwand dar.
Wer unter dieser Betrachtung, auch aus zeitlichem Aufwand, „so zulangt“, und ich bleibe dabei, der darf sich nicht wundern, dass man sich dafür evtl. sogar „fremd schämt“.Ich wiederhole: Ich fühlte mich durch Ihre beiden Schriftsücke gut vertreten, durch die Kostenrechung aber deutlich übervorteilt! VV und §§ RVG hin oder her.
Da bedarf es auch keines Lamentos nach „Entgegenkommen (??) oder gar „Halbierung und Verzicht“.
Bleiben oder werden Sie doch einfach nur sozial angemessen und materiell gerecht!Es grüßt
Ihr bisheriger Mandant
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