Es sei schon vorgekommen, dass einzelne „ gereifte Mädels“ eines privaten Kegelclubs aus der Provinz bei einem Trip nach S. Pauli so versumpft seien, dass sie sich auch noch unfreiwillig (?) tätowiert sahen, nachdem sie wieder nüchtern wurden.
Nun stellt sich juristisch zweifelsfrei heraus: Wer gegen seinen Willen tätowiert wird, hat ein Recht darauf, dass seine Krankenkasse die Kosten für die Entfernung des Tattoos übernimmt. Das hat das Sozialgericht Düsseldorf im Januar 2017 entschieden (S 27 KR 717/16).
Dem Urteil lag die Klage einer 30-jährigen Frau zugrunde, die von zwei Männern zur Prostitution gezwungen worden war. Wegen solcherlei zweifelhafter „Besitzverhältnisse“ und der unbeugsamen Macho-Macht über die Klägerin ließen ihr die Täter zwangsweise ein Tattoo im Halsbereich stechen: die Initialen der Vornamen der Männer sowie das Kürzel „DH2“, übersetzt „die heiligen zwei“ und in der Szene als solches bekannt war.
Konnte die spätere Klägerin von der Polizei aus dem Zwang zur Prostitution befreit werden, wollte sie sich das Tattoo entfernen lassen; also Antrag bei der gesetzlichen Krankenkasse, dass diese die Kosten übernehme.
Klar, dass die Kasse den Antrag zunähst ablehnte und dies damit begründete, dass es sich bei der Entfernung eines Tattoos nicht um eine Behandlung handele, für welche eine Krankenkasse einzustehen habe. Zu Unrecht, urteilte das Düsseldorfer Sozialgericht, der wurde Klage der Frau auf Übernahme der Kosten stattgegeben.
Im Fall der Klägerin war nach Ansicht des Gerichts die Entfernung der Tätowierung ausnahmsweise wie eine Krankenbehandlung anzusehen, denn das Tattoo wirke entstellend und „wecke aufgrund seiner Größe und Lage am Hals bereits bei flüchtiger Betrachtung die Aufmerksamkeit und Neugier Dritter“. Und weil schließlich die Medien über die unselige Beziehung berichtet hätten, „könne die Klägerin …als Opfer aus Zwangsprostitution erkannt werden.“
Würde eine solche Tätowierung nicht entfernt, so das Gericht, bestünde die Gefahr, dass sich eine solchermaßen Betroffene aus dem sozialen Leben zurückziehe. Des Weiteren sei zu befürchten, dass sich eine bestehende post-traumatische Belastungsstörung der Klägerin eher verschlechtere denn erfolgreich behandelt werden könne.
Damit wird klar: eine Zwangs-Tätowierung ist nicht vergleichbar mit jenen, die aus freien Stücken gestochen wurden und einfach später nicht mehr gefallen.
Würde jedoch zwangsweise tätowiert, sei die gesetzliche Krankenversicherung zur Kostenübernahme verpflichtet. Das Urteil wurde rechtskräftig.
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