Der Umgang mit Alkohol wird nicht von allen Genießern gleichermaßen gut vertragen. Bei manchem wird jedoch der gelegentliche Genuss zur Sucht. Wenn diese dann zur Erkrankung wird, stellt dies arbeitsrechtlich eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung dar. Insbesondere dann, wenn der betroffene Arbeitnehmer in einemUmfeld tätig ist, das mit Selbst- und Fremdgefährdung einhergeht. In diesem Sinne entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) München in einem aktuellen Urteil.
Im strittigen Fall betriebt der Arbeitgeber einen Fachbetrieb, in dem Abfall maschinell sortiert, reinigt, aufbereitet und entsorgt wird. Hierfür werden auch Gabelstapler, Bagger, Lader und andere Großfahrzeuge eingesetzt, weswegen in dem Betrieb seit einigen Jahren ein striktes Alkoholverbot besteht.
Nachdem der spätere Kläger im Januar 2010 stark alkoholisiert wegen fehlender Arbeitsfähigkeit nach Hause geschickt worden war, kam nach weiteren Vorkommnissen die verhaltensbedingte Kündigungen.
Im Prozess zum Kündigungsschutz vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Augsburg argumentierte der Kläger damit, dass ihm wegen einer Alkoholkrankheit nicht ohne weiteres verhaltensbedingt gekündigt werden könne. Der Arbeitgeber nahm danach die Kündigungen zurück und mahnte wegen des Verstoßes gegen das betriebliche Alkoholverbot ab, doch die im Mai 2010 folgende Entziehungskur brach der Kläger im Juli 2010 ab.
Als es im August 2010 erneut1,81 Promille festgestellt wurden, sprach der Arbeitgeber eine neuerliche Abmahnung wegen alkoholisierten Erscheinens am Arbeitsplatz aus. Ob schließlich ein Unfall im Dezember 2010 wegen Alkoholisierung eintrat, blieb im Verlauf benso streitig wie weitere Konflikte in 2010 und 2011. Im März 2011 wurde auch noch klar, dass der Kläger keine gültige Fahrerlaubnis besaß und er einer zeitnahe Entziehungskur erneut ablehnte…
Als schließlich die zweite Kündigung im April 2011 gegeben war, durfte vom Arbeitgeber angenommen werden, dass dies verhaltens- und personenbedingt gerechtfertigt war. Dem Argument gab das ArbG Augsburg jedoch nicht statt. Es käme nicht auf eine mögliche, sondern lediglich auf konkret vorhandene und eingetretene betriebliche Beeinträchtigungen an.
In der Berufung vor dem LAG München erhielt jedoch der Arbeitgeber Recht, womit die gültige Kündigung von April 2011 bestätigt wurde. Die Richter führen aus, dass „eine Alkoholerkrankung zu den personenbedingten Kündigungsgründen zähle und wie bei jeder krankheitsbedingten Kündigung eine dreistufige Prüfung erforderlich sei“.
Hierfür seien aller drei Stufen erfüllt: erstens war der Kläger zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung alkoholkrank, zweitens lägen erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen vor und drittens seien diese nach umfassender Abwägung aller widerstreitenden Interessen nicht vom Arbeitgeber hinzunehmen.
Aus der Begründung
<emDas Berufungsurteil des LAG stützt sich im Wesentlichen auf die Erwägung, dass sich die Auswirkungen der Suchterkrankung des Klägers nicht mit den Erfordernissen der Arbeitssicherheit in dem von gefährlichen Tätigkeiten und Arbeitsgeräten geprägten Betrieb in Einklang bringen lassen. Der Arbeitgeber braucht das durch das Krankheitsbild der Alkoholsucht gesteigerte Risiko, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erleidet oder verursacht, nicht hinzunehmen.
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Südkurier Konstanz und dpa melden (4.9.12)